Abschaffung des Pflegeregresses betrifft NICHT laufende EINKÜNFTE!

Ab 01.01.2018 gilt in Österreich das so genannte Pflegeregressverbot.

Mit dem „Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz“ BGBl I 2017/125 vom 01.08.2017 wurde unter dem Titel „Verbot des Pflegeregresses“ unmittelbar vor den Nationalratswahlen völlig überhastet eine Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetztes (ASVG) beschlossen mit weitreichenden Folgen (siehe dazu die Blogs vom 10. und 17.11.2017).

Damit hat der Bundes-Gesetzgeber zwar einer verbreiteten Experten-Forderung entsprochen, allerdings Länder, Betroffene, Angehörige, Behörden und Rechtsberater durch die wenig professionelle Umsetzung mit einer Vielzahl offener Fragen ziemlich ratlos zurückgelassen.

Klarheit herrscht hingegen in Bezug auf ein weit verbreitetes Missverständnis.

Die Abschaffung des Pflegeregresses betrifft gemäß § 330a ASVG lediglich das Verbot des Zugriffs auf VERMÖGEN von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten, NICHT aber die Heranziehung laufender EINKÜNFTE!

Löhne, Gehälter, Pensionen, Leibrenten, Vermietungs- oder Kapitaleinkünfte und dergleichen sind also auch nach dem 31.12.2017 zur Abdeckung des stationären Pflegekostenaufwandes zu verwenden.

In weiterer Folge stellt sich natürlich die Frage, wann, unter welchen Umständen und in welchem Ausmaß sich Ersparnisse aus diesen Einkünften in unantastbares Vermögen verwandeln.

Diesem Thema und einer Reihe anderer interessanter Aspekte geht Frau Mag.a Katrin Wetsch in ihrem überaus lesenswerten Artikel Zivilrechtliches zur Abschaffung des Pflegeregresses,
Zak 2017/632, 364 nach.

Ihr Ansatz, aufgrund fehlender gesetzlicher Klarstellung nach den bisherigen – von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichsten – Regelungen, Freigrenzen („Schonvermögen“) und Auffassungen auszugehen, erscheint überzeugend.

Hinreichend präzise Anhaltspunkte zur Auslotung individueller Gestaltungsspielräume wird es aber auch dazu wohl erst in einigen Jahren geben, wenn entsprechende Gesetzesergänzungen, Verordnungen, Verwaltungsgepflogenheiten und/oder Rechtsmittelerkenntnisse vorliegen.

Dennoch ist speziell älteren Menschen und ihren Angehörigen auch bis dahin dringend zu raten, alle sich aus der neuen Rechtslage ab 01.01.2018 ergebenden Chancen und Gefahren bei der Gestaltung von Schenkungs- und Übergabeverträgen mit der gebotenen Achtsamkeit zu berücksichtigen.

Näheres zu diesem Thema finden Sie auch in den Beiträgen vom 31.01.2014, 08.05.2015, 18.09.2015, 25.09.2015, 22.07.2016, 30.09.2016, 24.02.2017, 10.11.2017, 17.11.2017, 20.04.2018, 13.07.2018, 27.07.2018, 14.09.2018, 14.12.2018, 08.03.2019, 29.03.2019, 17.04.2020, 08.05.2020 und 29.05.2020.

Fotonachweis:
Foto und Fotobearbeitung: Sabrina Grünwald, © Copyright 2017