Abschaffung des Pflegeregresses per 01.01.2018

Mit der Abschaffung des so genannten Pflegeregresses per 01.01.2018 wurde der österreichischen Bevölkerung unmittelbar vor der Nationalratswahl 2017 wohl eines der bedeutsamsten und populärsten „Wahlzuckerl“ beschert.

Dabei ist die Diktion insoferne irreführend, als es keineswegs nur um die Beseitigung der Rückforderungsansprüche von Sozialhilfeleistungen gegenüber nahen Angehörigen und/oder Erben pflegebedürftiger Personen geht, sondern auch das Vermögen der Betroffenen selbst fortan unangetastet bleiben soll.

Der Nationalrat hat dazu im „Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz“ BGBl I 2017/125 vom 01.08.2017 unter dem Titel „Verbot des Pflegeregresses“ in § 330a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetztes (ASVG) Folgendes beschlossen:

§ 330a. (Verfassungsbestimmung) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ist unzulässig.“

Das Pflegeregressverbot tritt gemäß § 707a Abs 2 ASVG mit 1. Jänner 2018 in Kraft.

Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen.

Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft.

Zur Abdeckung der Einnahmen, die den Ländern dadurch entgehen, erhalten sie gemäß
§§ 330b und 707a Abs 1 ASVG ab 1. Jänner 2018 aus dem allgemeinen Bundeshaushalt eine Entschädigung im Ausmaß von 100 Millionen Euro jährlich.

Ob dies ausreichen wird, bleibt zu bezweifeln.

Experten gehen von Belastungen für die Sozialhilfebudgets der Länder in einem vielfach höheren Ausmaß aus, sodass auf Sicht an einer verpflichtenden Pflegeversicherung oder ähnlichen Gegenfinanzierungsmaßnahmen wohl kein Weg vorbei führen wird.

Durch den Verfassungsrang der Verbotsbestimmung wäre eine neuerliche Wiedereinführung des Pflegeregresses nämlich nur mit Zweidrittelmehrheit im Parlament möglich und politisch wohl kaum argumentierbar.

Für Betroffene und ihre Familien ist damit erreicht, dass eine der ungerechtesten und umgehungsgeneigtesten Formen von „Unglücksbesteuerung“ nun endlich abgeschafft wurde.

Näheres zu diesem Thema finden Sie auch in den Beiträgen vom 31.01.2014, 08.05.2015, 18.09.2015, 25.09.2015, 22.07.2016, 30.09.2016, 24.02.2017, 17.11.2017, 24.11.2017, 20.04.2018, 13.07.2018, 27.07.2018, 14.09.2018, 14.12.2018, 08.03.2019, 29.03.2019, 17.04.2020, 08.05.2020 und 29.05.2020.

Fotonachweis:
Foto und Fotobearbeitung: Sarah Hettegger, © Copyright 2017