ACHTUNG! „Selbstzahler“ sind vom Verbot des Pflegeregresses nicht erfasst!

Das für Angehörige pflegebedürftiger Personen wohl „beachtlichste Geschenk“ der Abgeordneten vor der letzten Nationalratswahl betrifft das „Verbot des Pflegeregresses“, mit dem sich schon eine Reihe von Blogs auseinandergesetzt haben.

Weil die überhastete gesetzliche Umsetzung gehörig missglückt ist, blieben eine Vielzahl bedeutsamer Fragen bis heute ungeklärt.

Sie müssen nun von den Sachbearbeitern der einzelnen Sozialhilferechtsträger in mühseligster Kleinarbeit für jeden Einzelfall gesondert beantwortet und erforderlichenfalls einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden, weil sich in Politik und Verwaltung offenbar niemand an Durchführungsverordnungen und damit wohl auch an eine sachgerechte Limitierung dieses „Wahlzuckerls“ heranwagt.

Da nur höchstgerichtliche Entscheidungen veröffentlicht werden, ist es auch kaum möglich, (potenziell) Betroffene und ihre Familien durch prophylaktische Handlungsanweisungen zu unterstützen, etwa auf Basis klarer gesetzlicher Vorgaben oder wenigstens einer Art „Verwaltungspraxis“, die übrigens auch schon zur alten Rechtslage je nach Bundesland keineswegs einheitlich gehandhabt wurde.

Zu unsicher sind immer noch Prognosen darüber, welche zur Lösung von Zweifelsfällen in der Literatur angebotenen Ansätze dereinst von den Höchstgerichten geteilt werden oder ob in Anbetracht ausufernder Budgetlöcher nicht doch noch die Politik korrigierend eingreifen wird (müssen).

Allerdings gibt es Konstellationen, die ungeachtet aller Wirrnisse als hinlänglich geklärt gelten oder mittlerweile sogar schon durch den Obersten Gerichtshof entschieden wurden, der hier dankenswerterweise ein beachtliches Bearbeitungstempo an den Tag legt.

So findet sich beispielsweise bereits im Blog vom 24.11.2017 – den Ausführungen von Frau Mag.a Katrin Wetsch und ihrem Aufsatz Zivilrechtliches zur Abschaffung des Pflegeregresses, Zak 2017/632, 364 folgend – der Hinweis, dass die Abschaffung des Pflegeregresses dezidiert nur den Zugriff auf Vermögen, hingegen nicht die Heranziehung laufender Einkünfte betrifft.

In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 30.01.2018 zu GZ 2 Ob 224/17f, EF-Z 2018/85, 174, wurde nun weiters klargestellt, dass § 330a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetztes (ASVG) der Geltendmachung eines vertraglichen Pflegeregressanspruchs gegen so genannte „Selbstzahler“ ausdrücklich nicht entgegensteht.

Dabei handelt es sich um Personen, die imstande sind, laufende Kosten ihrer stationären Pflege aus eigenem zu tragen und demnach keiner öffentlichen Sozialhilfeunterstützungen bedürfen.

§ 330a ASVG könne nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs nämlich „nicht unterstellt werden, dass er auch Ansprüche von (öffentlichen oder privaten) Heimbetreibern erfassen sollte, die in keinem Zusammenhang mit einer der betreuten Person gewährten Leistung der >Sozialhilfe< (Mindestsicherung) stehen“.

Näheres zu diesem Thema finden Sie auch in den Beiträgen vom 31.01.2014, 08.05.2015, 18.09.2015, 25.09.2015, 22.07.2016, 30.09.2016, 24.02.2017, 10.11.2017, 17.11.2017, 24.11.2017, 20.04.2018, 13.07.2018, 14.09.2018, 14.12.2018, 08.03.2019, 29.03.2019, 17.04.2020, 08.05.2020 und 29.05.2020.

Fotonachweis:
Foto und Fotobearbeitung: Sarah Hettegger, © Copyright 2018