Landesgericht Wels gibt Klage auf Löschung eines Pflegeregress-Pfandrechts statt!

Eigentlich schien die Frage, ob das seit 01.01.2018 in Kraft stehende Verbot des Pflegeregresses auch für „alte“, vor dem 01.01.2018 angefallene Pflegekosten gilt, mit den richtungsweisenden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs vom 30.04.2018, 1 Ob 62/18a, des Verwaltungsgerichtshofs vom 08.08.2018, Ra 2018/10/0076, und sogar des Verfassungsgerichtshofs vom 10.10.2018, E 229/2018, längst geklärt (siehe dazu die Blogs vom 13.07., 14.09. und 12.10.2018).

Die Stadt Wien hat folgerichtig umgehend nach Veröffentlichung des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses im Oktober 2018 alle Betreibungsschritte eingestellt, laufende Exekutionsverfahren gestoppt und die Löschung grundbücherlicher Pfandrechte veranlasst.

Hingegen wehren sich die Sozialhilferechtsträger anderer Bundesländer immer noch beharrlich gegen diese de facto unausweichlichen Schritte und verursachen damit neben einem vermeidbaren Verwaltungsaufwand (eigentlich sind sie schon seit 01.01.2018 gemäß § 707a ASVG verfassungsgesetzlich verpflichtet „laufende Verfahren einzustellen“!) und kostenintensiven Zivilprozessen vor allem auch unsägliches Leid bei den ohnedies schwer schicksalsgeplagten Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen.

Nun hat das Landesgericht Wels am 20.11.2018 zu GZ 1 Cg 45/18i der auf Löschung des Pfandrechtes für „Altpflegekosten“ gerichteten Klage einer Erbin gegen einen oberösterreichischen Sozialhilfeverband bereits im Rahmen der vorbereitenden Tagsatzung stattgegeben und das (noch nicht rechtskräftige) Urteil sogleich mündlich verkündet (der Autor ist Klagevertreter).

Soferne die voraussichtlich angerufenen Rechtsmittelinstanzen diese Entscheidung bestätigen, wäre auch das letzte argumentative „Schlupfloch“ geschlossen und endlich in ganz Österreich Schluss mit der auf dem Rücken Betroffener ausgetragenen Pflegeregressdebatte.

Es darf nämlich nicht übersehen werden, dass es sich bei den in Rede stehenden Regressforderungen der Sozialhilferechtsträger um keine Kleinigkeiten, sondern meistens durchaus existenzgefährdende Beträge handelt, im Gegenstand beispielsweise um rund € 153.000 respektive um ein Hypothekarpfandrecht auf der geerbten Liegenschaft in Höhe von € 70.000!

Besonders brisant ist dieses von den damaligen Abgeordneten unmittelbar vor der Nationalratswahl 2017 angerichtete und von der aktuellen Bundesregierung trotz gesetzlichem Durchführungsverordnungsauftrag bis dato in keiner Weise sanierte „Wahlzuckerl-Desaster“ unter anderem auch deshalb, weil eine Vielzahl von Betroffenen, Angehörigen, Erben oder Geschenknehmern im guten Glauben an die Richtigkeit behördlicher Aufforderungen bereits Zahlungen geleistet haben und diese nun allenfalls nicht mehr rückerstattet bekommen.

Manche dieser Unglückseligen wurden – etwa im Rahmen von Verlassenschaftsverfahren – wohl auch nur unzureichend oder überhaupt nicht über die bereits seit Sommer 2017 (!) bekannte Rechtslage (BGBl I 2017/125 vom 01.08.2017) und ihre daraus resultierenden Möglichkeiten aufgeklärt.

Zweifellos werden sich deshalb schon in naher Zukunft Behörden und Gerichte mit Rückforderungs- und/oder (Amts-) Haftungsansprüchen all jener zu beschäftigen haben, die sich von den Verantwortlichen nicht nur mit einem „Achselzucken“ abfertigen lassen.

 

 

 

 

 

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