Wer erbt die Lebensversicherung?

Kaum ein Vermögensbestandteil in vergleichbarer Höhe wird so nachlässig behandelt, wie Lebensversicherungen. Das mag daran liegen, dass sich zu Lebzeiten ein Versicherungsbetreuer um alle Belange kümmert und so der Eindruck entsteht, es handle sich um eine Art Sparbuch in Polizzenform.

Mit dem eigentlichen Versicherungsfall, nämlich dem (eigenen) Tod des Versicherungsnehmers setzt man sich allein deshalb ungern auseinander, weil dann die ganze Absurdität und Tragik dieses Produkts allzu deutlich zu Tage treten würde.

Dabei ist gerade dieser Aspekt von besonderer Bedeutung, wenn es darum geht, bestimmten Personen einen finanziellen Polster für jene Zeiten zu verschaffen, in denen man selber keinen Beitrag mehr zum Familieneinkommen leisten kann.

Entsprechend wenig verbreitet ist deshalb auch das Wissen darüber, wie es sich einrichten lässt, dass Dritte, der Fiskus, die öffentliche Hand (Stichwort „Pflegekosten-Sozialhilferegress“) oder Pflichtteilsberechtigte nicht unnötigerweise allzu leicht Zugriff auf Informationen über das Versicherungsverhältnis respektive über den Auszahlungsbetrag erhalten.

Ein kleiner, aber äußerst wirkungsvoller Trick besteht darin, im Lebensversicherungsvertrag einen Begünstigten vorzusehen. Dann fällt die Versicherungsleistung nämlich nicht in den Nachlass und wird im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens auch nicht in das Vermögensverzeichnis bzw Inventar aufgenommen. So lässt sich außerdem vermeiden, dass sich Unbefugte die Versicherungsleistung unberechtigt aneignen, was bei reinen Überbringerpolizzen nicht selten vorkommt.

Welche Schwierigkeiten und Begehrlichkeiten hingegen selbst relativ kleine Beträge hervorrufen können, wenn diese (noch dazu völlig kostenlose) Vorsichtsmaßnahme außer Acht gelassen wird, zeigt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 23.04.2015, 1 Ob 61/15z, ecolex 2015/399, 946.

Die Alleinerbin (Klägerin) konnte das Original der Lebensversicherungspolizze ihres verstorbenen Gatten nicht mehr auffinden, der sowohl Versicherungsnehmer als auch versicherte Person in einem war. Bezugsberechtigt sollte im Ablebensfall der Überbringer der Polizze sein. Die Lebensversicherung blieb auch in seinem Testament unerwähnt.

Die Beklagte (Schwiegermutter der Klägerin) hatte die Lebensversicherungspolizze in ihrem Haus aufbewahrt, weil der Versicherungsnehmer und spätere Erblasser dieses Dokument bei seiner Mutter gut aufgehoben wusste. Irgendeine Schenkungsabsicht war damit nicht verbunden. Dennoch reichte die (Schwieger-) Mutter nach seinem Ableben die Original Polizze beim Versicherer ein und erhielt daraufhin die Versicherungssumme in Höhe von € 8.105,29 ausbezahlt.

Die Klage der Erbin war in allen drei Instanzen erfolgreich.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist nämlich die Versicherungssumme aus einer Lebensversicherung, die auf Inhaber oder Überbringer lautet, in den Nachlass einzubeziehen, wenn der Versicherungsnehmer es unterlassen hat, über den Anspruch aus dem Versicherungsvertrag unter Lebenden oder von Todes wegen zu verfügen.

Es entspricht ferner der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass eine Schenkung grundsätzlich nicht zu vermuten, sondern von demjenigen zu beweisen ist, der ihr Vorliegen behauptet. Bei auf Inhaber oder Überbringer lautenden Polizzen genügt hier zwar deren Übergabe mit der Erklärung, sie gehöre jetzt dem hiermit Beschenkten. Im Gegenstand sollte die Mutter das Dokument aber lediglich verwahren. Irgendeine Schenkungsabsicht hatte der Sohn mit diesem Vorgang nicht verbunden.

Eine kurze, völlig kostenlose Klarstellung in der Versicherungspolizze oder in der letztwilligen Verfügung hätte gereicht, um eine gewiss nicht nur finanziell sehr belastende Auseinandersetzung zwischen Schwiegertochter und Schwiegermutter zu vermeiden.

Diesen Aspekt sollten Versicherungsberater schon aus Haftungsgründen in ihren Aufklärungsgesprächen unbedingt berücksichtigen. Die Angehörigen ihrer Kunden werden es ihnen danken!