Schutz von Erben und Pflichtteilsberechtigten mit unbekanntem Aufenthalt

Für „bekannte“ Erben oder Pflichtteilsberechtigte, aber auch für Vermächtnisnehmer (Legatare), deren Aufenthalt unbekannt ist, hat das Verlassenschaftsgericht von Amts wegen oder auf Antrag einen Abwesenheitskurator zu bestellen.

Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 24.08.2005 3 Ob 49/05k, SZ 2005/114, gilt ein Erbe selbst dann nicht als „bekannt“, wenn seine Existenz aufgrund der Aktenlage zwar vermutet werden kann, jedoch Name und Anschrift nicht zu eruieren sind. Folglich ist für eine nur „virtuell“ im Raum stehende Verfahrenspartei mangels Konkretisierungsmöglichkeit kein Abwesenheitskurator zu bestellen.

Obgleich in der einschlägigen Fachliteratur auch der Schutz nur vermutlich existierender Erben oder Pflichtteilsberechtigter gefordert wird, muss schon aus praktischen Erwägungen eine gesicherte und individualisierbare Identifikationsmöglichkeit vorausgesetzt bleiben, zumal die Bestellung eines Abwesenheitskurators mit Kosten verbunden ist und die Abwicklung derartiger Verlassenschaften dadurch nicht unwesentlich erschwert wird.

Abgesehen davon trifft den Gerichtskommissär ohnedies eine gesetzliche Erbenermittlungspflicht.

Sind nämlich überhaupt keine Erben bekannt oder bestehen nach der Aktenlage Anhaltspunkte dafür, dass neben den bekannten Personen noch andere als Erben oder Pflichtteilsberechtigte in Betracht kommen, so hat er sie gemäß § 158 AußStrG durch öffentliche Bekanntmachung aufzufordern, ihre Ansprüche binnen sechs Monaten geltend zu machen.

Wird diese Frist versäumt, so kann die Verlassenschaft ohne Rücksicht auf die Ansprüche der unbekannten Erben oder Pflichtteilsberechtigten den bekannten Erben eingeantwortet oder für erblos erklärt werden. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

Grundsätzlich ist ein Abwesenheitskurator immer dann zu bestellen, wenn die Partei oder ein Dritter andernfalls in der Verfolgung ihrer Rechte beeinträchtigt werden „könnten“, wobei hiervon alle Rechte einer Person, außer den höchstpersönlichen umfasst sein sollen.

Dabei reicht schon die „Möglichkeit“ einer Beeinträchtigung von Rechten Betroffener. Es bedarf keiner konkret vorliegenden Gefährdungssituation.

Vor Bestellung des Kurators muss allerdings mit hinreichendem Engagement eine Aufenthaltsermittlung versucht werden, etwa durch Anfrage beim zentralen Melderegister, dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger oder bei ihnen nahestehenden Personen.

Die „Abwesenheit“ einer im Ausland unter bekannter Anschrift lebenden Person ist danach zu beurteilen, ob dort eine Postzustellung möglich ist und vergeblich versucht wurde.

Auch muss die abwesende Person noch am Leben sein. Liegt dem Gerichtskommissär nämlich eine glaubhafte Mitteilung über ihren Tod vor, findet keine Bestellung eines Abwesenheitskurators mehr statt.

Aus systematischen Erwägungen ist dies gleichermaßen bei geschäftsunfähigen Personen der Fall, weil sie ohnehin über einen gesetzlichen Vertreter verfügen oder eben ein solcher zu bestellen ist.

Abwesenheitskuratoren sind gerichtlich zu entheben, sobald die Voraussetzungen für ihre Bestellung wegfallen, etwa weil die abwesende Person gefunden oder wenigstens ihr Aufenthaltsort mit zustellfähiger Adresse festgestellt wurde.

 

 

 

 

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