Obacht bei Ausschlagung einer Erbschaft!

Jedem potenziellen Erben steht es frei, ein Erbe nicht anzunehmen.

Das kann vielfältige Gründe haben und ist auf unterschiedliche Weise zu erreichen.

Lebzeitig bietet sich der Abschluss eines Erbverzichtsvertrags an.

Nach Eintritt des Todesfalls genügt es in Österreich (im Gegensatz bspw zu Deutschland), sich passiv zu verhalten und einfach keine Erbantrittserklärung abzugeben.

Dieser Weg hat nicht nur den Vorteil, dass er keinen Aufwand verursacht, sondern innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen (siehe dazu Blog vom 10.03.2017 „ACHTUNG! Neue Verjährungsfristen für Erb- und Pflichtteilsansprüche!“) später immer noch revidiert werden kann.

Gänzlich anders verhält es sich bei der (aktiven) Ausschlagung einer Erbschaft im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens, und zwar vor allem deshalb, weil sie gemäß § 806 ABGB unwiderruflich ist.

Auch besteht für pflichtteilsberechtigte Personen seit 01.01.2017 die früher durchaus beliebte Möglichkeit nicht mehr, eine Erbschaft unter Vorbehalt des Pflichtteils auszuschlagen.

Zudem gilt es zu beachten, dass der Oberste Gerichtshof erst kürzlich in einer Entscheidung vom 12.10.2021, 1 Ob 165/21b, Zak 2022/55, 35, seine ständige Rechtsprechung bekräftigt hat, wonach eine Erklärung, auf die Erbschaft zugunsten einer bestimmten Person zu verzichten, der die Erbschaft bei Wegfall des Verzichtenden nicht ohnehin zur Gänze zugefallen wäre, (bei Unentgeltlichkeit des Verzichts) als Erbschaftsschenkung oder (bei Entgeltlichkeit) als Erbschaftskauf zu behandeln ist.

Das hat insoferne weit reichende Konsequenzen, als dadurch keineswegs die Verlassenschaft als solche oder ein Teil davon geschenkt bzw verkauft wird, sondern das subjektive Erbrecht des Ausschlagenden, also sein Recht zum Erbschaftserwerb zwischen Erbanfall und Einantwortung.

Die Einantwortung erfolgt sodann unmittelbar an den Erbrechtserwerber und dieser wird Gesamtrechtsnachfolger der verstorbenen Person.

„Miterworben“ werden somit auch alle Haftungen für Verbindlichkeiten der Verlassenschaft.

Der Haftungsumfang orientiert sich dabei nach dem Stand, in dem sich das Erbrecht des Ausschlagenden, also die Erbschaft zum Übernahmezeitpunkt befindet.

Das kann speziell in jenen Fällen besonders unangenehme Folgen nach sich ziehen, in denen der Ausschlagende als Alleinerbe zuvor eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben hat.

Eine solche ist nämlich ebenfalls gemäß § 806 ABGB ex lege unwiderruflich und führt zur unlimitierten Haftung sowohl des ursprünglich vorgesehenen Erben, als auch des Erbrechtserwerbers.

Selbst eine akribisch durchgeführte Due-Diligence-Prüfung der Verlassenschaft kann hier keine absolute Sicherheit bieten.

Wer weiß denn schon, welche Risiken, (Blanko-) Wechsel-, Bürgschafts- oder sonstigen Verpflichtungen der/die Verstorbene vor langer Zeit eingegangen ist?!




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Foto und Fotobearbeitung: Julia Elisabeth Ivan, © Copyright 2022