Nationalrat beschließt Erbrechts-Änderungsgesetz 2015!

Am 07.07.2015 hat der österreichische Nationalrat das Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 beschlossen. Es wird nach der zu erwartenden Zustimmung durch den Bundesrat voraussichtlich Ende Juli / Anfang August kundgemacht und soll teilweise mit 17.08.2015, im Wesentlichen aber erst per 01.01.2017 in Kraft treten.

Anlass und Hintergrund für die erste Phase sind Bestimmungen zur Umsetzung der EU-Erbrechts-Verordnung (EuErbVO), die auf Todesfälle ab 17.08.2015 unmittelbar anzuwenden ist und in Österreich, beispielsweise aber auch in Deutschland, einen elementaren Paradigmenwechsel herbeiführt. Fortan richten sich nämlich das anzuwendende Recht und die (überwiegende) Gerichtszuständigkeit bei Todesfällen nicht mehr nach der Staatsbürgerschaft des Erblassers, sondern nach seinem letzten gewöhnlichen Aufenthalt.

Dies hat weit reichende Folgen für Auslandsösterreicher und umgekehrt natürlich auch für jene Personen mit fremder Staatsangehörigkeit, die sich dauerhaft in Österreich aufhalten. Expats oder Pensionisten, die ihre Arbeitsaufenthalte bzw ihren Lebensabend außerhalb Österreichs verbringen, sind deshalb gut beraten, sich über die erbrechtlichen Gepflogenheiten im Aufenthaltsstaat zu erkundigen und allenfalls die Möglichkeit einer letztwilligen Rechtswahl bezogen auf ihren Heimatstaat in Betracht zu ziehen.

Gleichzeitig findet in einem zweiten, mit 01.01.2017 in Kraft tretenden Schritt, eine tiefgreifende Reform des teilweise bereits mehr als 200 Jahre in Geltung stehenden materiellen Erbrechts statt. Im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und in zahlreichen Nebengesetzen werden dazu eine Reihe sprachlicher Modernisierungen und bedeutsamer inhaltlicher Neuerungen eingeführt.

Konkret betrifft dies etwa die Vereinfachung der Enterbung naher Angehöriger, die Stärkung der rechtlichen Position pflegender Angehöriger (Einführung des so genannten Pflegevermächtnisses) und die Einschränkung von Pflichtteilsansprüchen (Eltern und weitere Vorfahren sind künftig nicht mehr pflichtteilsberechtigt, Einführung von Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten, Lockerung der Pflichtteilsminderungsvoraussetzungen, neue Verjährungs- und Berechnungsmodalitäten etc).

Erwähnenswert ist auch die bereits überfällige Eliminierung der mit internationalen Standards und Verpflichtungen Österreichs (etwa der UN-Behindertenrechtskonvention) längst nicht mehr in Einklang zu bringenden Vorschrift des § 568 ABGB in der geltenden Fassung, wonach Pflegschaftsgerichte im Sachwalterschaftsbestellungsbeschluss festlegen können, dass die betroffene Person rechtswirksam nur noch mündlich vor Gericht oder einem Notar testieren darf.

Die Formvorschriften für die Gültigkeit fremdhändiger, also vom Verfügenden nicht eigenhändig geschriebener letztwilliger Verfügungen werden hingegen verschärft. Das Erbrecht des Ehegatten oder eingetragenen Partners verdrängt künftig jenes von Geschwistern oder Großeltern des Erblassers. Unter bestimmten Umständen wird Lebensgefährten ein außerordentliches Erbrecht eingeräumt, das jenem von Vermächtnisnehmern und dem so genannten Heimfallsrecht bei erbloser Verlassenschaft (Aneignung durch den Bund) vorgehen wird.

Es gilt nun also, die verbleibende Zeit der rund eineinhalbjährigen Legisvakanz bis 31.12.2016 zur Überprüfung der aktuellen Nachfolgestrategien zu nutzen und sich vor allem ab 17.08.2015 auf die geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen einzustellen, die unter Umständen zu einer völlig anderen rechtlichen Positionierung führen können, als ursprünglich gedacht (Gerichtszuständigkeit und anwendbares Recht des Aufenthaltsstaates anstelle der bisherigen Staatsbürgerschaftsanknüpfung)!