Auslands-Österreicher aufgepasst!

Rund eine halbe Million (!) Österreicher leben im Ausland.

Grund genug, auf die bereits am 27. Juli 2012 in Kraft getretene EU-Erbrechts-Verordnung hinzuweisen, die für Todesfälle ab 17. August 2015 dramatische Änderungen in der Gerichtszuständigkeit und im anzuwendenden Recht vorsieht.

Aktuell wird noch an die Staatsbürgerschaft angeknüpft.

Das bedeutet, dass für Verlassenschaftsabhandlungen auch bei im Ausland verstorbenen Österreichern grundsätzlich österreichische Gerichte zuständig sind und meistens österreichisches Recht anwendbar ist, jedenfalls hinsichtlich der in Österreich befindlichen Vermögenswerte.

Für Todesfälle ab 17. August 2015 wird hingegen unabhängig von der Staatsangehörigkeit auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Erblasser im Zeitpunkt ihres Todes abgestellt.

Mit anderen Worten gilt für den österreichischen Techniker, der in Dubai arbeitet, die Sportlerin mit Wohnsitz in Monaco, den Banker in Frankfurt und die Ärztin mit einem Job in der Schweiz ab Mitte August 2015 das Erbrecht des Aufenthaltsortes, in dem auch die Abhandlung durchzuführen ist.

Von gewissen Ausnahmen abgesehen, wie etwa bezüglich inländischer Liegenschaften, Grundbuchs- und Firmenbuchangelegenheiten, gilt dies für den gesamten Nachlass. Die Auswirkungen des Systemwechsels von der Staatsangehörigkeit zum letzten gewöhnlichen Aufenthalt sind also kaum zu überschätzen.

Es gibt nämlich Staaten, in denen sich niemand wirklich um die finanzielle und juristische Bearbeitung von Verlassenschaften kümmert. Von Problemen mit überlanger Verfahrensdauer, den juristischen Gepflogenheiten und erschwerten Durchsetzungsmöglichkeiten erworbener Ansprüche ganz zu schweigen.

Selbst in Ländern, deren rechtsstaatlichen Standards über jeden Zweifel erhaben sind, wie zum Beispiel im benachbarten Deutschland, findet beispielsweise keine dem österreichischen Verlassenschaftsverfahren vergleichbare Abhandlung statt. Dort wird man ohne gerichtliche Einantwortung unmittelbar kraft Gesetzes Erbe und muss sich im Gegenteil etwa bei überschuldeten Nachlässen binnen relativ kurz bemessener Fristen aktiv um eine Erbausschlagung bemühen, die noch dazu gebührenpflichtig ist.

Hinzu kommen erbrechtliche Unterschiede, die je nach Land und Kulturkreis überaus bedeutsame Auswirkungen haben können. Beispielsweise gibt es Staaten, die einzelne Familienangehörige, vor allem männliche Nachkommen gegenüber weiblichen, drastisch bevorzugen oder kein den österreichischen Verhältnissen vergleichbares Pflichtteilsrecht kennen.

Das alles muss nicht unbedingt von Nachteil sein.

Wichtig ist allerdings, dass man die Regelungen des betreffenden Landes, in dem man lebt, genau kennt.

Dies umso mehr, als die EU-Erbrechts-Verordnung die Möglichkeit eröffnet, mit letztwilliger Verfügung eine Rechtswahl zu treffen bezogen auf jenen Staat, dem man angehört, also auf die Weitergeltung des Staatsangehörigkeitsprinzips zu optieren.

Nur durch diese letztwillige Rechtswahl ermöglicht man übrigens auch seinen Nachkommen, das Verlassenschaftsverfahren im Heimatstaat durchführen zu lassen.

Wer jemals mit den Kosten, Sprachbarrieren, rechtlichen und kulturellen Unterschieden bei der Abwicklung von Nachlässen in anderen Staaten und über Ländergrenzen hinweg konfrontiert war, wird zweifellos alles daran setzen, seine eigenen Angehörigen davor zu bewahren und österreichisches Recht, vor allem aber auch die zuverlässige Verlassenschaftsabhandlung durch österreichische Gerichte und Gerichtskommissäre zu wählen.