Der Streit um die Totenfürsorge

Immer schon wurde mit der Art und Weise einer Bestattung der soziale Status einer Person ausgedrückt.

Immer schon ging es dabei nicht allein um die persönlichen Vorlieben und Wünsche der Verstorbenen, sondern auch um jene der nächsten Angehörigen.

Immer schon gab es im Umfeld von Begräbnissen Gezänk, Neid und Missgunst.

Neu ist hingegen die Vehemenz, mit der hier zunehmend Auffassungsunterschiede einzelner Beteiligter durchgesetzt werden. Gerichtliche Auseinandersetzungen über die Frage, wer die Totenfürsorge übernehmen und damit unter anderem auch über Einzelheiten des Begräbnisses entscheiden darf, sind keine Seltenheit mehr.

Damit einher gehen eine Reihe rechtlicher Klarstellungen zu dieser gesetzlich kaum erfassten Thematik, wie sie beispielsweise erst kürzlich durch das Amtsgericht Osnabrück mit Urteil vom 27.02.2015, GZ 15 C 568/15, ZErb 5/2015, 159 (mit Anmerkung Schnorrenberg), auf lesenswerte Weise erfolgt ist.

Strittig war zwischen den Streitteilen sowohl die Frage, wer entscheidungsbefugt sein solle (ein naher Angehöriger oder eine mit Bestattungsanordnung dafür eingesetzte Vertraute der Verstorbenen), als auch die Art der Bestattung (Einäscherung oder Sargbeisetzung in einer Grabkammer auf einer Friedhofsinsel eines bestimmten Schlossparks). Das Amtsgericht Osnabrück hat im Einklang mit der herrschenden Auffassung sowohl in Deutschland als auch in Österreich dem Willen der Verstorbenen oberste Priorität eingeräumt und leitsatzartig dazu unter anderem Folgendes ausgeführt:

 „Die Frage, wer zu Entscheidungen über den Leichnam eines Verstorbenen, über die Art der Bestattung sowie den Ort der letzten Ruhestätte zuständig sein soll, bestimmt sich in erster Linie nach dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen der Verstorbenen, aufgrund ihres noch fortwirkenden Persönlichkeitsrechts (…). Vorliegend ist die Verfügungsklägerin (Anmerkung: in der Bestattungsanordnung eingesetzte Vertraute) aufgrund einer ausdrücklichen Bestattungsanordnung als Totenfürsorgeberechtigte befugt, den Willen der Verstorbenen und die von dieser vorgegebene Gestaltung der Beerdigung gegen Angehörige und Dritte zivilrechtlich durchzusetzen
.…
Bei der Entscheidung über die Art und Weise der Bestattung ist insoweit tunlichst der Wille des Verstorbenen zu wahren. Dafür sprechen nicht nur Pietätsgründe, sondern auch der Umstand, dass der Leichnam als der Rückstand der Persönlichkeit des Erblassers anzusehen ist und als solcher Anspruch auf würdigen Umgang hat.“

Immer schon hatte jeder seine eigenen Vorstellungen zur Gestaltung seiner Beisetzung.

Neu ist die Tendenz, dies rechtzeitig durch professionelle Bestattungsverfügungen klarzustellen und damit noch zu Lebzeiten einen wesentlichen Beitrag zur „Ruhe“ zu leisten.