1971 verstorbener Auslandsösterreicher verkauft 2013 seine Liegenschaften!
113 Jahre alt wird man eigentlich nur in Japan, selten als Auslandsösterreicher.
Wer dieses Ziel anstrebt, sollte keinesfalls auf seine Immobilien in Österreich vergessen (siehe Blog vom 29.07.2016 „Die Ferienwohnung im Todesfall“).
Sie könnten sonst durch eine Abwesenheitskuratorin verkauft und dem Familienbesitz unwiederbringlich entzogen werden, wie eine soeben veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 06.07.2016, 7 Ob 51/16z, Zak 2016/583, 312, auf skurrile Weise zeigt.
Ein im Jahre 1900 geborener Österreicher wanderte 1929 mit seiner Gattin in die USA aus und verstarb im Jahre 1971. Er verfügte in Österreich über land- und forstwirtschaftlich genutzte Liegenschaften. Der Ehe entstammt ein Kind.
An österreichische Behörden wurde nie eine Sterbeurkunde übermittelt. Die Tochter überlegte zwar nach dem Tod ihres Vaters, wie sie es anstellen müsste, damit der Liegenschaftsbesitz auf sie übertragen werde. Konkrete Schritte leitete sie allerdings nicht ein.
Am 26.04.2010 ersuchte ein dem Bezirksgericht Oberwart zugeteilter Rechtspfleger, der mit der Verbücherung von Straßen befasst war, das Pflegschaftsgericht um Bestellung eines Abwesenheitskurators für den im Grundbuch ausgewiesenen, aber nicht auffindbaren Liegenschaftseigentümer zwecks Zustellung eines Grundbuchsbeschlusses. Er habe in Erfahrung gebracht, dass dieser schon lange nach Amerika ausgewandert sein solle.
Daraufhin wurde am 03.05.2010 eine Abwesenheitskuratorin bestellt, die in weiterer Folge 2013 mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichts sämtliche Liegenschaften um den Schätzwert von
€ 9.064,00 an einen Förster im Südburgenland verkaufte.
Verwandte der Tochter wurden auf die Veräußerung aufmerksam und informierten sie, die daraufhin ein Verlassenschaftsverfahren einleitete. Laut Einantwortungsbeschluss vom 25.11.2014 bestand der Nachlass im Ergebnis aus einem Bankguthaben in Höhe des Kaufpreises und dürfte sich nach Abzug aller Kosten annähernd aufgelöst haben.
Der Versuch, die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke des Vaters durch Anfechtung des Kaufvertrages wieder zu erlangen, scheiterte.
Der Oberste Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass die Bestellung eines Abwesenheitskurators zwar grundsätzlich voraussetzt, dass der Kurand noch lebt. Sei dies aber nicht eruierbar, wäre dies selbst bei einem sehr hohen Alter möglich, soferne nicht gänzlich auszuschließen sei, dass er dennoch am Leben ist.
Bei rechtskräftiger Bestellung eines Kurators für einen Toten, wie im vorliegenden Fall, wären jedenfalls die Vertretungshandlungen für den (in Österreich) ruhenden Nachlass und damit auch für die Erbin verbindlich.
Eine Verpflichtung des Käufers, ohne weitere Anhaltspunkte den Aufenthaltsort des Kuranden zu recherchieren und im Hinblick auf sein hohes Alter die Frage seines Todes zu klären, bestehe vor diesem Hintergrund nicht.
Etwaige Sorgfaltspflichtverletzungen der Abwesenheitskuratorin oder des Pflegschaftsgerichts könnten allenfalls Schadenersatzansprüche bewirken, hingegen nicht die Berechtigung zur Vertragsanfechtung.
Alles in allem erschien es dem Höchstgericht bei einem zur Zeit der Kuratorenbestellung 110-jährigen und bei Vertragsabschluss 113-jährigen durchaus denkbar, dass dieser noch leben könnte, was einem nach allgemeiner Lebenserfahrung diskussionswürdig erscheinen mag.
Allerdings sind aktuell die älteste Österreicherin 115 und der älteste Österreicher 112 Jahre alt
(http://frag.wikia.com/wiki/Wie_alt_ist_der_%C3%A4lteste_Mensch_in_%C3%96sterreich).
Weltrekordhalterin bleibt vorerst weiterhin Jean Calment aus Frankreich, die 1997 als 122-jährige verstorben ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_%C3%A4ltesten_Menschen).