Die Zeit der letzten Wünsche – Inhaltsverzeichnis und Vorwort
Inhaltsverzeichnis
- Ein saftiges Steak
- Warum dieses Buch?
- Leben im Hier und Jetzt
- Im Rollstuhl zum Rockfestival und mit dem Flugzeug zum Heiler
- „Von der zweiten, geträumten Welt“ – Interview mit dem Philosophen Robert Pfaller
- Schmerzlinderung
- Den normalen Alltag leben
- Zu Hause sterben
- „Lasst mich daheim“ – Der letzte Wunsch von Ernst S.
- „Mit dir kann ich noch lachen“ – Abschied von einer Freundin
- Ein Fest in vertrautem Kreise
- Noch einmal die Tochter sehen
- Die letzten Gespräche
- Gesundheit, Wertschätzung und Zuneigung
- Mit 81 endlich im Traumberuf
- „6 von 100 Jahren“ – Interview mit Marko Max Feingold, dem Leiter der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg
- Die Wut auf den Tod
- „Sterbende sorgen sich um ihre Hinterbliebenen“ – Interview mit der Psychotherapeutin Klaudia Fleck
- Dem Tod mit Humor begegnen
- Verletzte Seelen
- „Das Ideal vom guten Abschied“ – Interview mit Martin Böker, dem Leiter des Helga-Treichl-Hospizes (nunmehr Raphael Hospiz Salzburg)
- Todesangst und Lebenswunsch
- Der Wunsch nach Selbstbestimmung
- Über den Tod hinaus
- Die Zeit danach
- Leben mit geschenkter Zeit
Warum dieses Buch?
Der Tod betrifft uns alle. Einerlei, ob wir ihn nun verdrängen oder uns regelmäßig mit ihm beschäftigen, er ist unausweichlich. Sterben verursacht auf vielschichtige Weise Leid, kann manchmal aber auch eine Gnade sein. Der Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit stellen sich viele erst nach Eintritt dramatischer Umstände. Sich prophylaktisch mit dem Thema zu beschäftigen, überlassen wir eben gerne der Wissenschaft, Ärzten, Theologen, Philosophen und anderen einschlägig befassten Berufsgruppen. Wer will sich schon mit einem derart traurigen Thema freiwillig die Stimmung verderben lassen?
In den westlichen Industrieländern wenden sich die Menschen außerdem vermehrt von ihren überlieferten Ritualen, Traditionen und etablierten Religion ab, die ihnen einen gewissen Rahmen zur Annäherung und Bewältigung der Thematik versprachen. Während etwa viele Chinesen den Tod als Höhepunkt ihres religiösen Lebens betrachten, ist es in Europa üblich geworden, das Thema Sterben weitest möglich aus dem Alltag auszublenden. In China ist es wichtig, sich gut auf den Tod vorzubereiten und angemessen zu sterben. Der Glaube an eine Welt und ein Leben nach dem Tod ist dort weit verbreitet. In Europa prägt hingegen vor allem das Christentum noch vorwiegend das Bild von paradiesischen oder höllischen Zuständen, die uns nach dem Tod erwarten sollen. Wir assoziieren mit Sterben nur selten eine Begegnung mit Gott oder ein Wiedersehen mit unseren vorverstorbenen Lieben. Im Wesentlichen haben wir das Bild eines „grausamen Todes“ vor Augen, den es möglichst unvorhersehbar, rasch und beschwerdelos zu bewältigen gilt. Ganz so, als handle es sich um den eleganten Abschluss eines beliebigen Projektes, um dessen Ende man sich vorerst nicht kümmern möchte.
Allzu gerne berichten Medien über spektakuläre Unfälle, gewaltige Naturkatastrophen, Terrorakte und brutale Morde. Die Öffentlichkeit interessiert der Aufsehen erregende Tod anderer, während das eigene Schicksal tunlichst ausgeblendet bleiben soll. Eine rationale, maßvolle Auseinandersetzung mit dem Ende unseres Lebens wird gerne beiseitegeschoben, als fände dieses Finale niemals statt. „Wenn wir eine Reise in ein unbekanntes Land vor uns haben, bereiten wir uns gewissenhaft vor. Doch unser Ziel, dem wir alle gemeinsam von der Geburt an zusteuern, ignorieren wir geflissentlich“, bringt die freie Journalistin Andrea Hinterseer dieses Phänomen sehr treffend auf den Punkt.
Der Wiener Philosoph Robert Pfaller vertritt in einem Interview zu diesem Buch die These, dass die permanent geschürte Todesfurcht in unserer Gesellschaft ablenkt von der viel begründeteren Furcht vor schlechtem Leben. Vergessen wir nämlich, uns regelmäßig die Frage zu stellen, wofür es sich zu leben lohnt, kommen wir in Versuchung, Dinge, die uns eigentlich wichtig wären, permanent aufzuschieben.
Nun denn, genug der Selbst- und Gesellschaftskritik. Wer sich, wie der Erstautor, beruflich vorwiegend dem Erbrecht verschrieben hat und mit allerlei prophylaktischen Verfügungen versucht, der mehr oder weniger absehbaren persönlichen Katastrophenfälle seiner Mandanten Herr zu werden, stellt sich irgendwann die Frage, was denn „wirklich“ bedeutsam sein könnte im letzten Akt, bevor der Vorhang fällt. Natürlich gibt es dazu eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen, Statistiken und Expertisen. Interessiert uns aber wirklich, was „die überwiegende Mehrheit der Befragten üblicherweise“ denkt? Oder fasziniert uns die Einzelerfahrung, der Bericht über eine konkrete Begebenheit, das gelebte Schicksal und die subjektive Meinung eines betroffenen Menschen, mag dies alles auch weder repräsentativ noch wissenschaftlich fundiert sein?
Der zweitgenannte Ansatz wird in diesem Buch verfolgt. Frei von methodischen Zwängen und theoretischen Erwägungen wurde der Zweitautor gesucht, gefunden und losgeschickt, er möge als wissbegieriger Journalist interessante Menschen aufsuchen und fragen, was denn am Ende wirklich zählt. Wie so oft im Leben, entwickelte sich im Zuge dieser Interviews eine eigenartige Dynamik. Das Streben nach generalisierbaren Antworten entpuppte sich bald als untaugliche Zielvorgabe. Vielmehr liegt nun ein Sammelsurium aus Einzeleindrücken vor, das keiner Schematisierung zugänglich ist. Es wurde deshalb auch darauf verzichtet, die einzelnen Kapitel aufeinander abzustimmen. Selbst deren Aneinanderreihung ist willkürlich gewählt, etwa indem dieses Buch mit einer Einleitungsgeschichte beginnt und nicht mit diesen erklärenden Worten.