Der Wunsch nach Selbstbestimmung

Barbara Schnöll kennt aus ihrer Zeit als Krankenschwester eine Vielzahl von Ärzten, die das Credo der Lebensverlängerung um jeden Preis vertreten. Allerdings würden diese Mediziner häufig nur diverse Messdaten, wie etwa Blutwerte, Körpergewicht und dergleichen im Auge behalten und die Frage nach der (verbleibenden) Lebensqualität der Patienten leider allzu oft in den Hintergrund drängen. „Wir merken aber, für viele Menschen ist das nicht genug. Es geht ihnen darum, zu erkennen, wofür sie noch Energie haben und ob sie diese einsetzen können. Hier zeigen sich andere Sichtweisen auf den Aspekt Lebensqualität“, ist Frau Schnöll überzeugt.

Jeder definiere diese Qualität anders. So denken manche, ihr Leben zähle nicht mehr so viel, weil sie kaum noch im Stande sind, Unternehmungen zu machen oder wesentliche motorische Fähigkeiten, wie etwa das Gehen, verloren haben. „Fragen wir aber unsere Besucher danach, ob sie Spaß am Leben haben und ob für sie alles halbwegs in Ordnung sei, so antworten sie oft mit ja. Denn letztes Wochenende konnten sie beispielsweise bei einer wichtigen Feier mit dabei sein. Am nächsten Tag seien sie zwar völlig k.o. gewesen und hätten sehr viel geschlafen, aber die Feier hatten sie als lustig empfunden“.

Als besonders herausfordernd erlebt Frau Ohrlinger ihren Beruf, wenn Menschen unaufhörlich mit ihrem Schicksal hadern: „Das ist ganz schwer auszuhalten.“ Nicht leicht sei es auch, wenn Patienten permanent von ihrer Genesung sprächen und sich diese Einstellung als eine Art Bewältigungsstrategie zurecht gelegt hätten. „Ich möchte ihnen diese Denkweise in keiner Weise absprechen, aber für mich ist es schwieriger mit ihnen mitzugehen, als mit Menschen, die es schaffen, sich mit ihrer Krankheit und ihrem Schicksal zu arrangieren.“

Sich mit seinem Schicksal abzufinden könne aber auch bedeuten, bereit für den Tod zu sein. Sind die Schmerzen unerträglich und hat ein Patient seinen Lebenswillen gänzlich verloren, bleibe meist nur noch ein großer Wunsch: Sterben zu dürfen.

Mag darin auf den ersten Blick auch eine gewisse Logik liegen, stehen der Erfüllung dieses Wunsches doch eine Reihe medizinischer, ethischer, emotionaler und juristischer Hürden entgegen. Speziell wenn es um Selbsttötungs- und Sterbehilfebelange geht. Hat ein schwer kranker Patient tatsächlich den Entschluss gefasst, seinem Leben aktiv ein Ende zu setzen und besitzt er vor allem körperlich noch die Kraft, dies auch umzusetzen, wird man ihn kaum davon abhalten können. So hatte sich etwa der bekannte österreichische Liedermacher Ludwig Hirsch noch am Abend vor seinem Freitod nicht viel anmerken lassen. Er und sein Manager, der übrigens einer seiner engsten Freunde war und ebenfalls im Spital lag, sprachen einander noch Mut zu. Der krebskranke 65-jährige Sänger litt an schwerer Atemnot, kurz vor seinem Tod kam eine Lungenentzündung hinzu. An einem Donnerstagmorgen sprang Ludwig Hirsch nach dem Frühstück aus dem Pavillon 26 im Wiener Wilhelminenspital in den Tod. Der gebürtige Steirer war bis dahin in einem Einzelzimmer von den Ärzten versorgt worden. Sie bekamen seine akute Erkrankung zwar halbwegs in den Griff, konnten aber – wie so oft bei schweren Lungenleiden – leider keine Besserung mehr versprechen. Im düsteren Nebelgrau fand ein Fußgänger seine Leiche. Eine freiwillige Entscheidung – ein frei gewählter Tod in einer für ihn wohl aussichtslosen Situation.

Ein Selbsttötungsversuch ist in den meisten zivilisierten Staaten nicht strafbar. Das war nicht immer so. Über Jahrhunderte hinweg galt in unserem Kulturkreis jeder Suizid als ehrloses Verbrechen gegen Gott und gegen die Gesellschaft. Erst im Zuge der Aufklärung verlor der Freitod langsam seine kriminelle Prägung. In Preußen hob Friedrich II. um 1750 strafrechtliche Sanktionen gegenüber „Selbstmördern“ auf. In Frankreich wurden im Zuge der Revolution von 1789 alle strafrechtlichen Sanktionen abgeschafft. In England hingegen sind Suizidversuche erst seit 1961 (!) straffrei. Eine liberalere Gesetzgebung spricht aber noch lange nicht für die Akzeptanz in der gesamten Gesellschaft oder in kirchlichen Institutionen. Als Beispiel seien etwa die „Selbstmörderecken“ auf bestimmten Friedhöfen in Erinnerung gerufen, die bis weit in das 20. Jahrhundert hinein an manchen Orten bestehen blieben und zum Zeichen einer postmortalen Ächtung dieser Unglückseligen, aber auch deren Familien eingerichtet wurden.

Einen traurigen Fall, bei dem ein Patient seinen Freitod zwar wünschte, ihn aber nicht verwirklichen konnte, schildert der Mediziner Gian Domenico Borasio. Ein 57-jähriger Hirntumorpatient sei zwar durch seine Erkrankung schon weitgehend gelähmt, geistig aber noch so fit gewesen, dass er seinen Arzt um lebensverkürzende Maßnahmen bitten konnte. Sein in diesem Metier offenbar unerfahrene Arzt konnte nur wenig mit dem Wunsch des Patienten anfangen und habe ihn umgehend wegen Selbstgefährdung gegen seinen Willen in die Psychiatrie einweisen lassen. Dort sei der schwerstkranke Mann daraufhin die letzten beiden Wochen seines Lebens in der geschlossenen Station untergebracht worden, bevor er endlich durch den Tod von seinen Leiden erlöst wurde.

In Europa ist in den Niederlanden, Luxemburg, Belgien sowie der Schweiz Sterbehilfe in unterschiedlichen Ausformungen legalisiert. Prinzipiell kann man die Sterbehilfe in vier Kategorien unterteilen. Neben passiver und indirekter Sterbehilfe gibt es die Beihilfe zum Selbstmord (assistierter Suizid) und schließlich die aktive Sterbehilfe, worunter eine Tötung auf Verlangen des Patienten zu verstehen ist. Diese letztgenannte Form der Sterbehilfe ist beispielsweise in Österreich, ganz unabhängig von den Motiven, die hinter der Tötung stehen, strafbar. Gleiches gilt für die Beihilfe zur Selbsttötung, also einem assistierten Suizid.

Anders stellt sich die Situation bei der indirekten sowie der passiven Sterbehilfe dar. Unter indirekter Sterbehilfe versteht man die Inkaufnahme eines vorzeitigen Todes durch eine medizinische Behandlung, die primär der Schmerzlinderung dient. Erhält ein Patient also beispielsweise sehr starke Schmerzmittel verabreicht, die der Linderung seiner Leiden dienen, nimmt man lebensverkürzende Nebenwirkungen in Kauf. Einem schmerzfreien Sterben wird somit unter ganz bestimmten Umständen der Vorrang gegenüber einer Lebensverlängerung gegeben. Diese Form der vorzeitigen Lebensbeendigung ist allgemein aber nur dann nicht strafbar, wenn sie dem ausdrücklichen Willen des Patienten entspricht. Gleiches gilt für den Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen, etwa künstliche Beatmung oder Sondenernährung.

Es steht dennoch jedermann frei, seine persönlichen Präferenzen vorab in einer Patientenverfügung zu manifestieren. Andernfalls herrscht meist große Ratlosigkeit und Verunsicherung naher Angehöriger, die ebenso wie die behandelnden Ärzte im Umgang mit Patienten, die unter natürlichen Umständen längst verstorben wären, schlichtweg überfordert sind, wenn diese sich selbst zu ihrem Schicksal nicht mehr äußern können und nur noch Dank moderner medizinischer Gerätschaften überhaupt noch am Leben sind. Es kommt deshalb nicht selten vor, dass mit den besten Absichten alle medizinischen und technischen Möglichkeiten ausgereizt werden, diese gut gemeinten Maßnahmen aber im Ergebnis nur zu einer quälenden Sterbeverzögerung führen.

Michael de Ridder ist seit über dreißig Jahren an verschiedenen Kliniken in Hamburg und Berlin als Internist, Rettungs- und Intensivmediziner tätig. 15 Jahre davon arbeitete er als Rettungsarzt, sechs Jahre war er auf einer Intensivstation beschäftigt. Was er dort mit angesehen und erlebt hatte, brachte ihn zu seinem heutigen Engagement für die Verbreitung der Sinnhaftigkeit von Patientenverfügungen. Denn ebenso wichtig wie das Heilen ist es für de Ridder, jedem Menschen die Chance auf ein „gutes Sterben“ zu eröffnen und dieses Sterben auch zuzulassen. Die künstliche Ernährung bei aussichtslosen Fällen lehnt der Mediziner beispielsweise ab und unterstreicht dies mit drastischen Worten: „Das sind teure Menschenrechtsverletzungen am Lebensende, die Ärzte verantworten.“

Er ist überzeugt, wir sollten das Sterben wieder als Teil des Lebens annehmen und das Unausweichliche auch als solches anerkennen. Statt Todkranke um jeden Preis am Leben zu erhalten, müssten Mediziner seiner Meinung nach lernen, in aussichtslosen Situationen ein friedliches Sterben zuzulassen. „Sterben gehört nicht in die Medizin, es gehört unter die Menschen“ und „Das Sterben hat längst seine Natürlichkeit verloren“, sind zwei prägnante Zitate von Michael de Ridder, in seinen Plädoyers für mehr Hospizplätze, für eine bessere Versorgung in Pflegeheimen und professioneller Pflege in den eigenen vier Wänden.

Die medizinischen Fortschritte der letzten Jahre und Jahrzehnte ermöglichen eine deutliche Anhebung der allgemeinen Lebenserwartung, wie die einschlägigen Statistiken laufend belegen. Krankheiten, die früher rasch zum Tod geführt hätten, werden heute dank modernster Behandlungsmethoden oft Jahre überdauert. Die durchschnittliche Lebenserwartung steigt stetig an, insbesondere auch, weil die Intensivmedizin längst in der Lage ist, Patienten auch mit erheblich eingeschränkten Körperfunktionen für lange Zeit künstlich am Leben zu erhalten.

Menschen fürchten sich mitunter vor jener „Medizin-Maschinerie“, die scheinbar unaufhaltsam versucht, ihr Leben oder, besser ausgedrückt, ihre Lebensfunktionen um jeden Preis zu stabilisieren. Wer eigentlich bereit wäre zu sterben, dies aber nicht mehr zum Ausdruck bringen kann, läuft heutzutage Gefahr in ein lang anhaltendes Siechtum und einen Sterbeprozess zu geraten, obwohl oder gerade weil alle es gut meinen und (leider) einen perfekten Job machen.

Fremdbestimmung oder Schmerzen verursachen in der letzten Phase des Lebens nicht selten massives Leid, gegen welches man sich nicht mehr zur Wehr setzen kann. Damit einhergehende Ängste und der natürliche Wunsch nach Selbstbestimmung über die Beendigung des eigenen Daseins, wären eigentlich Grund genug, rechtzeitig alle dafür nötigen Veranlassungen und Verfügungen zu treffen. Über die Mittel, die hier zur Verfügung stehen, sind sich viele aber nicht im Klaren. Wer beschäftigt sich schon gerne mit den juristischen und medizinischen Erfordernissen zur Vorsorge für den ganz persönlichen Katastrophenfall? Selten genug jedenfalls Menschen, die gerade ihr Leben in vollen Zügen genießen und denen es blendend geht.

Zahlreiche Berichte von Menschen, die Sterbende während ihres letzten Weges begleitet haben, bestätigen, dass es offenbar Umstände gibt, die es schwerst Erkrankten selbst nach der Einstellung aller lebenserhaltenden Maßnahmen unmöglich machte, aus dem Leben zu scheiden. Irgendetwas hielt sie zurück. Die Seelsorgerin Elisabeth Helminger erzählt beispielsweise von einer 90-jährigen Dame, die nicht mehr sprach und irgendwie das Gefühl vermittelte, ihr Leben beenden zu wollen. Ihre 89-jährige Schwester war häufig zu Besuch bei ihr. „Als ich das Zimmer betrat und die beiden Schwestern beieinander sah, wurde mir bewusst, dass für diese beiden Frauen die Beziehung, die sie zueinander haben, die längste in ihrem Leben ist“, so Frau Helminger. Von der 89-Jährigen habe sie erfahren, dass beide die letzten dreißig Jahre ununterbrochen zusammenwohnten. Eine der Schwestern hatte ein Kind. Es war schon verstorben. Ebenso waren beide Geschwister verwitwet und auf eine besondere Art aufeinander angewiesen. Die etwas jüngere Schwester würde also ganz alleine zurückbleiben, sollte die einzige echte Vertrauensperson ihre Augen für immer schließen. Und sie drückte es selber ganz klar mit den Worten aus: „Ich will auch nicht mehr leben, wenn meine Schwester tot ist. Ich habe keine Kraft mehr zum Leben, ich esse nichts mehr.“

Frau Helminger führte ein langes Gespräch mit ihr. Gemeinsam begaben sie sich auf die Suche. Sie forschten nach anderen Menschen in ihrem Leben, zu welchen die 89-Jährige noch Kontakt hatte. Sie stöberten nach Dingen, die ihr das Dasein doch ein wenig lebenswert erscheinen lassen könnten. „Wir fanden einige Strohhalme. Etwas, das dem Leben auch ohne die große Schwester einen Sinn geben könnte.“ Nach einiger Zeit beschloss die 89-Jährige, ihrer großen Schwester zu sagen, dass sie gehen und also auch tot sein dürfte. Sie schaffe es nun wohl auch alleine. Sie erklärte ihrer Schwester tränenreich, welch großes Vorbild und wie wichtig sie in ihrem Leben stets für sie gewesen sei. Nun aber sei es wohl an der Zeit, dass sie noch ein Weilchen auf eigenen Beinen stehen müsse und dies sei in Ordnung so. In der darauf folgenden Nacht verstarb ihre ältere Schwester, wie es schien, mit einem entspannten Ausdruck in ihrem Gesicht.

Zurückkommend auf lebensverlängernde Maßnahmen: „Ich empfehle, älteren Personen eine Patientenverfügung zu machen. Ich habe viele Leute gesehen, die sich nach einem Unfall oder einer Reanimation im Wachkoma befanden“, vertritt auch Sigrid Schmidt ihren Standpunkt. Sie arbeitet seit 1995 als diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester auf einer Intensivstation, seit einigen Jahren im Krankenhaus Gmunden. Gerade bei schweren Erkrankungen, die keine Aussicht auf Besserung mit sich bringen, käme es vor allem für die Angehörigen zu enormen Belastungen. Die plötzlich einzig bedeutsame Frage laute: „Wie hätte der Patient, der sich nun selbst nicht mehr äußern kann, denn weiter vorgehen wollen?“ Sie ist ohne das Vorliegen einer Patientenverfügung eigentlich nicht wirklich zu beantworten, und zwar selbst dann nicht, wenn sich Angehörige, Ärzte oder Pflegepersonal über die Wünsche des Patienten eigentlich im Klaren sind. „Eine Patientenverfügung ist vor allem auch eine Entlastung für die Ärzte und die Angehörigen“, bringt es Frau Schmidt auf den Punkt.

Natürlich ist es nicht angenehm, sich konkrete Vorstellungen darüber zu machen, welche Krankheiten oder Unglücksfälle auf einen zukommen könnten. Wer denkt schon gerne darüber nach, wie mit einem umgegangen werden soll nach einem schweren Unfall oder einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Wohl die wenigsten. Dennoch: „Ich verstehe nicht, warum dieser Aspekt in der öffentlichen Diskussion so ausgeklammert wird. Ich habe noch keine Informationskampagnen zum Thema Patientenverfügung erlebt, obwohl sie meiner Meinung nach eine sehr wichtige Rolle spielen“, beschwert sich Frau Schmidt mit gutem Grund, weiß umgekehrt aber auch von Patienten zu berichten, die sich mit aller Kraft gegen das Sterben wehrten. Sie habe manchmal den Eindruck, dass diese Menschen eben noch Wichtiges zu erledigen hätten, bevor sie aus der Welt scheiden können. Beispielsweise habe ein Patient noch Besuch von seinem Bruder bekommen, mit dem er offenbar kein gutes Verhältnis hatte. „Als der Bruder gegangen war, verstarb der Patient.“ Es käme auch immer wieder vor, dass Menschen genau dann versterben, sobald ihre Angehörigen das Zimmer verlassen haben, und sei es auch nur kurz, etwa um sich einen Kaffee zu holen.

In spiritueller Hinsicht werde sie ebenfalls durch ihre beruflichen Erfahrungen laufend bestärkt. „Ich glaube, dass es eine höhere Kraft gibt. Ich war bei vielen Menschen mit dabei, als sie gestorben sind. Ich hielt ihre Hand und war auch geistig bei ihnen. Ich denke nicht, dass die Energie des Menschen verloren geht. Ob das Gott ist, weiß ich nicht, aber ich denke, es gibt eine höhere Macht über alle Religionen hinweg. Ich habe gespürt, dass die Energie dieses Menschen, der dann als Hülle daliegt, noch irgendwo ist. Das ist positiv und angenehm. Man muss sich vor dem Tod also nicht fürchten.“

Es gibt aber auch Personen, die Patientenverfügungen und deren Folgen durchaus kritisch gegenüberstehen. Sie bezweifeln, dass eine derartige Vorabverfügung, die in Unkenntnis der genauen Umstände ihrer späteren Umsetzung verfasst wurde, überhaupt zu einer selbstbestimmten Entscheidung führen werde. Denn der prophylaktisch festgelegte Wille eines Patienten könne nicht die konkrete Situation vorhersehen. In Kenntnis aller Einzelheiten hätte man sich womöglich anders entschieden.

Vielen gesunden Menschen erscheint ein Leben in schwerstem Siechtum oft nicht lebenswert. Tatsächlich Betroffene nehmen dann häufig aber sogar sehr große Einschränkungen in Kauf, um (noch) nicht sterben zu müssen. Selbst im finalen Stadium klammern sich viele mit all ihrer verbliebenen Kraft an das Leben. Es voreilig aus den Händen zu geben, erscheint dann häufig als vertane Chance, auf ein letztes Stündchen mit dem Enkelkind, auf den letzten Sonnenaufgang, auf das letzte Schachmatt ….

Eine Position, der also durchaus etwas abzugewinnen ist. Letztendlich geht es aber nicht darum, jedem die Errichtung einer Patientenverfügung nahe zu legen, sondern nur um das Wissen über diese Möglichkeit an sich. Wer sich bewusst dagegen entscheidet, wofür unter anderem auch religiöse Motive sprechen können, ist jedenfalls klar im Vorteil gegenüber dem Unwissenden. In Kenntnis der rechtlichen Alternativen stellt die Entscheidung gegen Errichtung spezieller Vorsorgeverfügungen in gewisser Weise ja auch eine konkrete Vorgabe dar, nämlich dass ungeachtet aller gesundheitlichen Problemsituationen, unbedingt ihr Leben aufrecht erhalten werden solle.

Aus dem Buch “Die Zeit der letzten Wünsche”