Kein „Schockschadenersatz“ für getötetes Haustier

Haustierhalter wissen um die Intensität der Trauer nach dem Tod des treuen Hundes, der anschmiegsamen Katze, des „gscheiten“ Papageis etc.

Nur in der Juristerei wird dies, so scheint´s jedenfalls, nicht wirklich verstanden.

Wie anders ließe sich die „ablehnende Haltung“ von Lehre und Rechtsprechung im Zusammenhang mit Haftungsfolgen für Schockschäden wegen der Tötung eines geliebten Haustiers sonst erklären.

Selbst in einer geradezu herzerweichenden Fallkonstellation blieb der 10. Senat des Obersten Gerichtshofs (bemerkenswerterweise nicht der Fachsenat für Erbrechtsangelegenheiten) in einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung vom 18.02.2020, 10 Ob 3/20v, Zak 2020/254, 159, unerbittlich hart und entschied auf Abweisung der Klage einer doppelt betroffenen Hundehalterin.

Im Dezember 2017 trafen zwei Hundehalter auf einem Güterweg aufeinander. Die Klägerin führte ihre beiden Hunde, einen Havaneser und einen Yorkshire Terrier, an langen Flexileinen. Der Beklagte führte seine beiden ausgebildeten Jagdhunde der Rasse Weimaraner an einer Jagdleine, die an ihrem Ende als jeweils 50 cm lange Spaltleine zu den beiden Hunden führte. Keiner der beteiligten Hunde trug einen Beißkorb.

Zwischen den Parteien entwickelte sich ein Wortwechsel über das Thema, dass der Beklagte seine Hunde schlage. Dabei standen die Hundeführer etwa 4 m voneinander entfernt. Die Klägerin hatte ihre Hunde, die an ihren lang ausgezogenen Flexileinen bellend herumsprangen, nicht unter Kontrolle. Die Hunde des Beklagten legten sich über sein Kommando neben ihm zu Boden. Der Beklagte wollte die Diskussion mit der Klägerin beenden und ging mit seinen Hunden weiter. Die Hunde der Klägerin sprangen allerdings bellend auf den Beklagten und seine Hunde los. Daraufhin packte jeder Hund des Beklagten jeweils einen der Hunde der Klägerin. Diese mussten aufgrund ihrer schweren Bissverletzungen eingeschläfert werden.
Die Klägerin begehrte aufgrund dieses Vorfalls ein Schockschmerzengeld von 15.000 EUR.

In der Sache zweifellos zutreffend, für Nichtjuristen aber vielleicht etwas zu wenig einfühlsam konstatierte der Oberste Gerichtshof, dass zwar nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nahen Angehörigen einer getöteten oder schwerst verletzten Person für den ihnen verursachten „Schockschaden“ Schmerzengeld gebührt, weil sie durch das Erleiden eines Nervenschadens in ihrem absolut geschützten Recht auf körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt und als unmittelbar Geschädigte anzusehen sind.

Der hier anwendbare Angehörigenbegriff erfasse dabei allerdings nur solche Personen, bei denen in der Rechtsordnung eine typische Verbindung mit der verstorbenen oder schwerst verletzten Person in einer Weise verankert ist, dass auch dem schädigenden Dritten gegenüber der Schockschaden als typische Folge seiner Verletzungshandlung gesehen werden kann, etwa im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, Ehegatten und Lebensgefährten oder Geschwistern im Fall einer intensiven Gefühlsgemeinschaft.

Im Gegensatz zum Schockschmerzengeld setze der Anspruch naher Angehöriger auf Entschädigung für den reinen Trauerschmerz (unabhängig vom Vorliegen einer Gesundheitsschädigung) ein qualifiziertes Verschulden des Schädigers (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) voraus.

Die österreichische (und deutsche) Rechtsprechung sowie die österreichische Lehre stünden dem Ersatz eines Schockschadens, den die Tötung eines geliebten Haustieres verursacht hat, ablehnend gegenüber.

Als Rechtfertigung diene das in der österreichischen Judikatur zum Zuspruch von Schockschmerzengeld bei Tötung oder „schwerster“ Verletzung naher Angehöriger entwickelte Prinzip, dass der Schock im Hinblick auf den Anlass verständlich sein muss, um eine Ausweitung der Haftung zu verhindern.

Es möge durchaus sein, dass sich der Stellenwert von Haustieren, die manchmal menschliche Bezugspersonen ersetzen (müssen), aufgrund der zunehmenden Emotionalisierung der Mensch Haustier Beziehung in der Wahrnehmung der Gesellschaft geändert habe und psychische Belastungsreaktionen, die durch die Tötung des geliebten Haustiers hervorgerufen werden, in der Allgemeinheit auf mehr Verständnis stoße. Zurechnungselemente auf Seiten des Schädigers seien jedoch nicht völlig zu vernachlässigen, um eine Haftung nicht ausufern zu lassen. Die Intensität der Beziehung Mensch Haustier und damit die Eignung eines Unfallereignisses, bei dem ein Haustier (fahrlässig) getötet wird, einen Schockschaden beim Halter hervorzurufen, werde sich nämlich dem Schädiger nicht unbedingt erschließen.

Der vorliegende Fall biete somit keinen Anlass, die restriktive Haltung der österreichischen Judikatur und Lehre zu überdenken. Die Klägerin habe den – letztlich tödlich verlaufenden – Angriff auf ihre beiden Kleinhunde selbst provoziert, indem sie sie unkontrolliert an langen Flexileinen bellend auf den Beklagten und seine beiden, sich zunächst diszipliniert und gehorsam zeigenden Hunde losspringen ließ. Erst dieses Verhalten löste die Reaktion der gegnerischen Hunde aus. Die Gefährlichkeit der Situation sei also nicht im Verhalten des Beklagten, sondern der (nach ihrem Vorbringen) schockgeschädigten Klägerin selbst gelegen.





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