Rechtswidrige Obduktion als Verletzung postmortaler Persönlichkeitsrechte

Die Anordnung einer Obduktion ist stets im Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der Allgemeinheit, den postmortalen Persönlichkeitsrechten der verstorbenen Person und den Pietätsansprüchen ihrer Angehörigen zu sehen.

Die rechtlichen Vorgaben dazu sind reichhaltig, verstreut in diversen Normen des Bundes und der Länder, also entsprechend unübersichtlich geregelt.

Abgesehen von zwingenden gesetzlichen Vorschriften obliegt es aber grundsätzlich jedem Einzelnen selbst, die eigenen Vorstellungen über eine durchzuführende Leichenöffnung (von strikter Ablehnung bis zum unbedingten Wunsch) in Form einer Bestattungsverfügung (siehe dazu www.bestattungsverfügung.com) festzulegen.

Welche Weiterungen und Belastungen den Angehörigen, aber auch einem Hausarzt andernfalls drohen, zeigt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 30.08.2016, 1 Ob 116/16i, Zak 2016/670, 354, der folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Ein Allgemeinmediziner hatte gegen den Willen des Ehegatten und eingeantworteten Alleinerben nach der Totenbeschau die Obduktion des Leichnams einer zu Hause verstorbenen Patientin veranlasst und im Totenbeschauschein als Todesursache die seit dem Jahre 2012 bestehende Creutzfeld-Jakob-Erkrankung festgehalten.

In der Folge klagte der Witwer den Arzt auf Feststellung, dass die am 16. 5. 2014 von ihm angeordnete bzw veranlasste Obduktion seiner Ehefrau rechtswidrig erfolgt sei. Ohne dazu befugt zu sein, habe der Beklagte gegen den Willen des Klägers und dessen Familie die Obduktion des Leichnams angeordnet, obwohl die Todesursache völlig klar gewesen sei. Die Verstorbene habe keine Leichenöffnung gewollt. Dieser Wunsch wirke über den Tod hinaus und sei beachtlich. Für die Anordnung der Obduktion habe es keine Rechtsgrundlage gegeben. Der Beklagte sei weder Bürgermeister noch Gemeindearzt oder Amtsarzt und könne generell nicht hoheitlich handeln. Die Befugnisse des Bürgermeisters gemäß § 12 Abs 1 Vorarlberger Bestattungsgesetz seien nicht an den Beklagten übertragen worden. Als Hausarzt der Verstorbenen sei mit ihm lediglich ein privatrechtlicher Behandlungsvertrag abgeschlossen worden.

Der Beklagte wendete insbesondere die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Bei der Anordnung einer Obduktion handle es sich um einen verwaltungsbehördlichen Hoheitsakt, dessen allfällige Rechtswidrigkeit nur in einem Verwaltungsverfahren bekämpft werden könne. Außerdem sei er vom Bürgermeister bevollmächtigt gewesen, in einem Fall wie dem gegenständlichen eine Obduktion anzuordnen, sodass von seinem hoheitlichen Handeln und damit von der Unzulässigkeit des Rechtswegs auszugehen sei.

Während das Bezirksgericht Feldkirch und das Landesgericht Feldkirch auf Zurückweisung der Klage entschieden, erachtete der Oberste Gerichtshof die Zulässigkeit der Klage nicht von vorneherein als ausgeschlossen und verfügte die Fortsetzung des Verfahrens in erster Instanz.

Es entspräche nämlich der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass nahe Angehörige das postmortale Persönlichkeitsrecht eines Verstorbenen geltend machen können, worunter auch die Entscheidung über eine Leichenöffnung falle.

Eine gerichtliche Durchsetzung von Persönlichkeitsrechten der Verstorbenen durch den hinterbliebenen Ehegatten sei daher im Zusammenhang mit einer allenfalls rechtswidrig angeordneten Obduktion prinzipiell möglich.