Pflegestrategie der EU-Kommission

Prof. Dr. Johannes Rudda zeigt in seinem lesenswerten Beitrag „Europäische Strategie für Pflege und Betreuung“, ÖZPR 2/2023, 47, einige bemerkenswerte Statistiken und Reformerfordernisse auf, die das Ausmaß der auf uns in den Folgejahren zukommenden Herausforderungen eindrucksvoll erahnen lassen.

So soll nach Schätzungen der Europäischen Union die Anzahl der Langzeitpflegebedürftigen in allen Mitgliedsstaaten von derzeit ca 31 Millionen bis 2050 auf rd 38 Millionen, also um mehr als ein Fünftel ansteigen.

Dieser Befund deckt sich in etwa mit der Entwicklung der letzten Jahre in Österreich, wo sich an der Gesamtzahl der Pflegegeldbezieher zwischen 2012 und 2021 speziell in den oberen Pflegestufen 3 bis 5 eine Erhöhung von 440.896 auf 467.275, also beinahe ein Prozent jährlich ableiten lässt.

Die EU-Kommission hat sich dem Thema auch in Bezug auf die Arbeitsbedingungen der Pflegenden angenommen und am 07.09.2022 ein Strategiekonzept für Pflege und Betreuung vorgelegt.+

Ein Kernpunkt darin betrifft die Verbesserung der Langzeitpflege. Künftig soll jede Person ein Recht auf bezahlbare und hochwertige Langzeitpflegedienste haben, und zwar insbesondere in häuslicher Pflege und mit wohnortnahen Dienstleistungen.

Die Statistiken zur aktuellen Situation zeigen ein alarmierendes Bild zu Lasten der Frauen und ärmeren Bevölkerungsschichten.

Demnach sind beinahe 90% der professionellen Pflegekräfte weiblich und rd 7,7 Millionen Frauen wegen ihrer unbezahlten Pflege- und Betreuungsaufgaben an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gänzlich verhindert.

Insgesamt betreuen rd 52 Millionen (überwiegend weibliche) Pflegepersonen Angehörige oder nahestehende Menschen und sind in Folge dessen für den Arbeitsmarkt nicht oder nur teilweise verfügbar. Durch entsprechende Investitionen in Pflege und Betreuung könnten nach Schätzungen der Kommission bis 2030 innerhalb der Europäischen Union rd 13,6 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden.

Etwa ein Drittel der Haushalte mit Langzeitpflegebedarf nimmt keine externen Pflegedienste in Anspruch, weil sie sich diese schlichtweg nicht leisten können.  

Ca die Hälfte des Pflegebedarfs der über 65-jährigen innerhalb der Europäischen Union ist aktuell mangels Verfügbarkeit, Zugänglichkeit oder Leistbarkeit überhaupt nicht gedeckt. Die hiervon Betroffenen sind in diesen Fällen also entweder unversorgt oder auf unentgeltliche Angehörigenpflege angewiesen.

Mit entsprechend fokussierten Reformvorschlägen, nationalen Aktionsplänen und speziellen EU-Fonds soll es in absehbarer Zeit zu nachhaltigen Verbesserungen kommen.

Es bleibt zu hoffen, dass sich diese begrüßenswerte Initiative der EU-Kommission durchsetzt und auch bei den politischen Entscheidungsträgern ehestens auf entsprechende Unterstützung stößt.

Die Zeit drängt!

Mit der Analyse künftiger Schreckensszenarien allein ist nämlich niemandem geholfen, wie der heillos verspätete und immer noch allzu lasche Umgang mit den chronisch verfehlten Klimaschutzzielen eindrucksvoll zeigt.

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Foto und Fotobearbeitung: Cathrin Gutmann, © Copyright 2023