Haben nahe Angehörige bei Bestattungen ein „Überwachungsrecht“?

Die geradezu in Mode gekommenen Dispute im Zuge der Abwicklung von Bestattungen wegen fehlender oder missverständlicher Vorgaben der Verstorbenen macht Bestattungsunternehmen und jenen Angehörigen, die sich im Akutfall um Bestattungsbelange kümmern, zunehmend zu schaffen.

Daraus resultierende Auseinandersetzungen sind in der Judikatur längst zum „Dauerthema“ geworden und spiegeln sich beispielhaft in folgenden Entscheidungen der letzten Jahre besonders deutlich wider

  • Amtsgericht Osnabrück, 27.02.2015, GZ 15 C 568/15, ZErb 5/2015, 159 (Blog vom 12.06.2015 „Der Streit um die Totenfürsorge“)
  • Oberster Gerichtshof, 13.12.2012, 1 Ob 222/12x, EF-Z 2013/90, 128, (Blog vom 10.07.2015 „Körperspende“)
  • Oberster Gerichtshof, 30.08.2016, 1 Ob 116/16i, Zak 2016/670, 354, (Blog vom 04.11.2016 „Das >Schicksal des Leichnams<“)
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, 19.06.2018, 6 O 1949/18, (Blog vom 11.01.2019 „Wer hat das >Recht zur Totenfürsorge<?“)

In der letztgenannten Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19.06.2018, 6 O 1949/18, wurde ein weiterer Aspekt dieser emotional perfekt aufladbaren Zwistigkeiten beleuchtet, nämlich die Frage, ob jenen Angehörigen, die nicht mit der Bestattung betraut oder sogar explizit davon ausgeschlossen wurden, wenigstens ein „Überwachungsrecht“ zustehen könnte.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat dazu Folgendes erwogen:

Fraglich kann daher im vorliegenden Fall nur sein, ob der Klägerin eine >Rest-< oder >Überwachungszuständigkeit< dahingehend verblieben ist, dass sie das Handeln des allein totenfürsorgeberechtigten Beklagten daraufhin kontrollieren können soll, ob dieser die Anordnungen der Verstorbenen befolgt, und ggf. eine Korrektur veranlassen können soll.

Eine solche Überwachungszuständigkeit neben der eigentlichen Aufgabe der Totenfürsorge ist jedoch generell … zu verneinen.

Der Verstorbene legt, indem er einzelne Person(en) mit der Totenfürsorge betraut, indem er es bei der gesetzlichen Reihung belässt oder indem er diese Reihung durch Ausschluss einzelner Personen modifiziert, die Organisation der Bestattung in deren/dessen Hände. Dies ist zwar kein Freibrief für die Totenfürsorgeberechtigten, sondern steht unter der inhaltlichen Vorgabe, dass die Wünsche des Verstorbenen Beachtung finden müssen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Verantwortung allein dem oder den Totenfürsorgeberechtigten übertragen wird.

Für eine subsidiäre Überwachungszuständigkeit naher Angehöriger besteht auch regelmäßig kein Bedürfnis, so dass ein entsprechender (mutmaßlicher) Wille nicht unterstellt werden kann. Regelmäßig wird der Verstorbenen eine Person auswählen, bei der er aufgrund des persönlichen Verhältnisses davon ausgeht, dass sie seine Wünsche befolgt oder, soweit diese nicht realisierbar sein sollten, die ihnen am nächsten kommenden Maßnahmen trifft. Auch steht es ihm frei, mehrere Personen mit der Totenfürsorge zu betrauen, die dann gemeinsam zu handeln berufen sind und sich ggf. gegenseitig kontrollieren können. Insoweit hält es das Gericht nicht für ausgeschlossen, dass er – quasi als Minus – auch eine Person zum Handeln, die andere zum Kontrollieren beauftragt. Denkbar wäre auch, die Erbeinsetzung o.Ä. an die Umsetzung entsprechender Wünsche zu koppeln und so ein unerwünschtes Agieren zu sanktionieren.“

Demnach liegt es – wie so oft – an jedem einzelnen selbst, durch rechtzeitige Errichtung einer ordentlichen Bestattungsverfügung (siehe dazu www.bestattungsverfügung.com) nicht nur seine persönlichen Wünsche darzulegen, sondern auch den andernfalls drohenden Disharmonien einen Riegel vorzuschieben.










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