Geschäftsführer unter Sachwalterschaft

§ 268 Abs 1 ABGB sieht Folgendes vor:

Vermag eine volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist (behinderte Person), alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen.“

Die Vorstellung klingt absurd, einer derart „behinderten Person“ könne es möglich sein, ein Unternehmen zu leiten.

Mindestens ebenso absurd klingt es aber auch, dass offenkundig die überwiegende Mehrzahl aller Top-Manager keinen Gedanken daran verschwendet, es könnte sie selber irgendwann ein Schicksalsschlag ereilen, der ihnen alle Kräfte raubt, um ein normales Leben, geschweige denn einen Betrieb zu führen.

Ist für diese Fälle keine Vorsorge getroffen, tritt das gesetzliche Notprogramm in Kraft, selten passgenau, nie rechtzeitig und häufig verbunden mit existenzgefährdenden Problemen.

Im Blog vom 14.11.2014 wurde bereits auf die potenziell fatalen Auswirkungen der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 05.08.2009, 6 Ob 131/09x, hingewiesen, wonach die gerichtliche Bestellung eines einstweiligen Sachwalters für den Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH im Firmenbuch einzutragen, also zu veröffentlichen ist.

In einem erst jüngst ergangenen Beschluss vom 09.07.2014, 7 Ob 114/14m, hält der Oberste Gerichtshof zudem die daraus resultierende organisatorische Zwickmühle einer Gesellschaft präzise folgendermaßen fest:

Nach § 15 GmbHG können zur Geschäftsführung nur physische, handlungsfähige Personen bestellt werden. … Durch die Beschränkung der vollen und unbeschränkten Handlungsfähigkeit des Einschreiters (Anm: Geschäftsführers) in diesem Sinn endete ex lege seine Organstellung als Geschäftsführer. … Da die Geschäftsführerstellung des Einschreiters beendet ist, kommt seinem Sachwalter hinsichtlich dieser Organstellung des Einschreiters auch keine Vertretungsbefugnis zu (vgl 6 Ob 131/01x), sodass der Mangel der fehlenden Vertretungsbefugnis des Einschreiters durch Einbeziehung seines Sachwalters nicht beseitigt werden könnte.“

Diese Konsequenzen sind Unternehmern und Managern offenbar noch zu wenig bewusst oder werden geflissentlich verdrängt. Anders ließe sich die leider immer noch allzu weit verbreitete Vorsorgeverweigerung nicht erklären.