„Essen auf Rädern“ steuerlich absetzbar?

Menschen mit besonderen Bedürfnissen haben es schwer, selbst in unserer sozialstaatlich geprägten Gesellschaft.

Bei chronischer Erkrankung, einer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit gilt es nahezu unüberwindliche Hürden in organisatorischen und finanziellen Belangen zu meistern, von denen nicht beeinträchtigte Menschen meistens keine Vorstellung haben.

Welche Schwierigkeiten hier speziell in steuerrechtlicher Hinsicht entstehen können, zeigt die vorliegende Judikatur zur Frage, ob eine Versorgung behinderter und/oder pflegebedürftiger Menschen in ihrer Wohnung durch mobile Essenszustellung nun als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar sein soll oder nicht.

Gemäß § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Die Belastung muss dabei außergewöhnlich und zwangsläufig sein, aber auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen, dh gewisse Selbstbehaltsgrenzen übersteigen.

§ 35 EStG sieht zudem unterschiedlichste Freibeträge für Steuerpflichtige mit körperlicher oder geistiger Behinderung vor.

Die Regelungen sind im Einzelnen komplex, während alle in Rede stehenden Steuerersparnisse meistens relativ gering bleiben, zumal Einkünfte dieser Personen selten an höhere Progressionsstufen heranreichen.

Dennoch beschäftigen sich Legionen von Finanzbeamten und Richter laufend mit diffizilen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Absetzbarkeit von Kleinstbeträgen, etwa im Zusammenhang mit der Thematik „Essen auf Rädern“.

Bemerkenswerterweise wird regelmäßig von den Finanzämtern – also „ganz unten“ – ebenso wie vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) – also „ganz oben“ – eine äußerst restriktive Linie vertreten, während mutige Richter am Bundesfinanzgericht (BFG) einen tendenziell eher betroffenenfreundlich-pragmatischen Ansatz verfolgen.

So ist beispielsweise der Entscheidung des BFG vom 12.10.2016, RV/1100625/16, zu entnehmen, dass einer 90-jährigen, auf Essenshauszustellung angewiesenen Pflegegeldbezieherin die Geltendmachung der daraus resultierenden Kosten selbst nach Abzug einer angemessenen Haushaltsersparnis vom Finanzamt versagt, durch das BFG teilweise zugelassen und durch den VwGH mit Erkenntnis vom 15.09.2016, Ro 2015/15/009, erneut versagt wurde.

Einem findigen Richter des BFG ist nun aber zu verdanken, dass er mit Entscheidung vom 25.04.2017, RV/1100719/2016, dem höchstgerichtlichen Erkenntnis immerhin eine kleine Lücke zu Gunsten Betroffener entnommen und es dadurch ermöglicht hat, für einen Pflegegeldbezieher mit 70%iger Behinderung wenigstens die Zustellkosten seiner Essensversorgung durch einen mobilen Hilfsdienst in Höhe von sage und schreibe € 1,35 (!) pro Tag als steuerlich abzugsfähig anzuerkennen.

Ob und in welcher Form der VwGH auch diese Entscheidung revidieren wird, bleibt vorerst ebenso offen, wie die Frage, ob es nicht vernünftiger wäre, die Ressourcen der Finanzverwaltung in lukrativere Bahnen zu lenken, beispielsweise im Wege einer generellen Pauschallösung für derlei Angelegenheiten in Gesetzes- oder wenigstens Steuererlassform.

Es ist nämlich durchaus vorstellbar, dass die sich daraus ergebende Verwaltungseinsparung um ein Vielfaches über dem Ausmaß der Steuerbegünstigung läge, wovon letztendlich nicht nur Menschen mit einem Handicap, sondern auch die übrigen Steuerzahler etwas hätten.

 

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Foto und Fotobearbeitung: Sarah Hettegger, © Copyright 2017