Die Bezugsberechtigung in Lebensversicherungen lässt sich widerrufen und ändern!

Das gute Service des Versicherungsberaters und die kundenfreundlich gestalteten Abläufe lassen vermeintliche „Nebensächlichkeiten“ beim Vertragsabschluss bald in Vergessenheit geraten.

Dazu gehören häufig auch Bezugsberechtigungen in Lebensversicherungsverträgen, die – ebenso wie Testamente – von Zeit zu Zeit gesichtet und bei Bedarf an die aktuellen Verhältnisse angepasst werden sollten.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Widerruf oder einer Änderung derartiger Bezugsberechtigungen hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.09.2020 zu 7 Ob 52/20b, Zak 2020/651, 367 = ZVers 2021, 22 (Gruber), folgendermaßen zusammengefasst:

„Für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Begünstigten kommt es … nur auf die zwischen diesen Personen getroffenen Vereinbarungen an. § 166 VersVG soll einerseits dem Versicherungsnehmer die freie Verfügbarkeit bezüglich der Begünstigung einräumen und andererseits den Versicherer davor schützen, dass er, obwohl er bei der Auszahlung der ihm bekanntgegebenen Begünstigung entsprochen hat, von dem ohne seine Kenntnis an die Stelle des bisher Begünstigten gesetzten neuerlich in Anspruch genommen wird.

Nach § 166 Abs 1 VersVG ist bei einer Kapitalversicherung im Zweifel anzunehmen, dass dem Versicherungsnehmer die Befugnis vorbehalten ist, ohne Zustimmung des Versicherers einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen oder an Stelle des so bezeichneten Dritten einen anderen zu setzen. Die Befugnis des Versicherungsnehmers, an die Stelle des bezugsberechtigten Dritten einen anderen zu setzen, gilt im Zweifel auch dann als vorbehalten, wenn die Bezeichnung des Dritten im Vertrag erfolgt ist.

Gemäß § 166 Abs 2 VersVG erwirbt ein als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter, wenn der Versicherungsnehmer nichts Abweichendes bestimmt, das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls. Davor hat der (widerruflich) Bezugsberechtigte noch keine gesicherte Rechtsposition, insbesondere keinen Leistungsanspruch, sondern nur eine Erwerbsaussicht.

Auch wenn der Wortlaut des § 166 Abs 1 VersVG diese Möglichkeit nicht ausdrücklich vorsieht, so ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt, dass der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung nicht nur ändern, sondern auch ersatzlos widerrufen kann.

Nur wenn die Begünstigung unwiderruflich gestaltet wäre, was jedoch als Ausnahme im Hinblick auf § 166 Abs 2 VersVG ausdrücklich vereinbart werden müsste, würde der Rechtserwerb des Begünstigten schon vor dem Versicherungsfall eintreten.

Zur Form und zu den Modalitäten der Bezeichnung eines Bezugsberechtigten sowie zu dessen Änderung und einen Widerruf enthält das Gesetz keine Regelung. Nach verbreiteter Ansicht handelt es sich bei der Ausübung dieser Gestaltungsrechte im Regelfall um eine mangels abweichender Vereinbarung formfrei mögliche, einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung.

Für die(..) materielle Wirksamkeit ist im Fall eines Widerrufs der Bezugsberechtigung mit einem Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten die Verständigung des Versicherers nicht erforderlich. Diese dient vielmehr nur (mehr) dazu, den Versicherer vor einer mehrfachen Inanspruchnahme zu schützen.“




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