Bruttolohnkosten plus Nachtzuschläge als Schadenersatz bei Angehörigenpflege

Schädiger haben nach ständiger Rechtsprechung unter anderem auch jene Pflegekosten zu ersetzen, die mit dem Schadensereignis in kausalem Zusammenhang stehen.

Übernehmen Familienangehörige diese Pflegeleistungen, muss der tatsächliche Pflegebedarf konkret ermittelt und nach seinem objektiven Wert abgegolten werden.

Klarstellend konstatiert der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 10.02.2022, 5 Ob 241/21h, Zak 2022/248, 137, dass der Vergütung bei Angehörigenpflege jene Kosten zugrunde zu legen sind, die bei einer Pflege durch professionelle außerfamiliäre Kräfte angefallen wären, weil es auf den objektiven Wert der Pflegeleistung ankommt, den der Schädiger im Ausmaß der Bruttolohnkosten einschließlich Dienstgeberbeiträge und Nachtzuschläge zu ersetzen hat.

„Zu den Zeiten tatsächlicher Pflegeleistungen kommt noch jene Zeit, die die Person, die den Verletzten pflegt, sonst außer Haus als Freizeit verbringen würde und auf die sie nunmehr verzichtet. Die Zeit, die die Pflegeperson jedenfalls beim Verletzten anwesend wäre (insbesondere während der Nacht und der Hausarbeit) ist hingegen nicht zu berücksichtigen, weil sie keinen konkreten Schaden bewirkt.“

Demnach sollen Geschädigte abstrakt jederzeit in die Lage versetzt werden, sich die Pflegeleistungen entgeltlich auf dem freien Markt zu beschaffen. „Abzustellen ist auf die Schaffung einer Ersatzlage aus Sicht des Geschädigten und nicht darauf, was der Pflegeperson verbleibt.“  

„Der Oberste Gerichtshof differenziert eben gerade nicht danach, ob sich die Pflegeperson nur teilweise oder gänzlich der Pflege des Angehörigen widmet. … Selbst die Nichtinanspruchnahme einer Ersatzkraft würde vielmehr nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung dazu führen, dass der Schädiger die Bruttokosten (einschließlich der Dienstgeberbeiträge) ersetzen müsste, obwohl solche dann gar nicht anfallen.“

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