Betriebliche Geschenkannahmeverbote für Pfleger*innen

Im Blog „Auch Pfleger*innen dürfen erben!“ wurde die Frage behandelt, ob Geschenkannahmeverbote, wie sie in diversen Gesetzen und Verordnungen enthalten sind, auch zur Nichtigkeit letztwilliger Verfügungen zu Gunsten von Pflege- und Betreuungspersonen führen.

Nachdem dies von der Judikatur verneint wird, gilt es zu klären, ob allenfalls vertragliche Vereinbarungen ein geeignetes Instrument darstellen könnten, um derartige letztwillige Zuwendungen der Pflegebedürftigen durch ihre gesetzlichen Erben prophylaktisch zu unterbinden.

Auch dazu liegt eine ablehnende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 24.10.2006, 5 Ob 217/06g, zu nachstehendem Sachverhalt vor.

Die vom gesetzlichen Erben Beklagte hatte seinen verstorbenen Vater als Beschäftigte der „Volkshilfe Niederösterreich“ gepflegt. Gemäß § 17 der von ihr unterfertigten Betriebsvereinbarung war ihr untersagt gewesen, in Hinblick auf ihre Stellung für sich oder einen Dritten ein Geschenk, einen anderen Vermögensvorteil oder sonstigen Vorteil zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen.

Der Kläger argumentierte, durch ihre Mitwirkung an der Errichtung des Testaments und durch ihre nunmehrige Erbantrittserklärung habe sie gegen diese vertragliche Verpflichtung verstoßen. Es sei sittenwidrig, wenn die Beklagte einen Anspruch auf das Erbe stelle. Sie verstoße dadurch überdies gegen vertragliche Schutzpflichten. Im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments habe die Beklagte ihre Tätigkeit bei der „Volkshilfe Niederösterreich“ zwar bereits eingestellt gehabt und den Erblasser privat gepflegt. Das Verbot, Vermögensvorteile von der betreuten Person anzunehmen, wirke aber über die unmittelbare Tätigkeit für ihre ursprüngliche Vertragspartnerin hinaus.

Der Oberste Gerichtshof wies die außerordentliche Revision des Klägers gegen das klagsabweisende Erkenntnis des Berufungsgerichts zurück und führte dazu Folgendes aus:

Unbeschadet der Frage, ob das Verbot der im Pflegedienst Beschäftigten, einen Vermögensvorteil von Pflegebefohlenen anzunehmen, zulässigerweise in einer Betriebsvereinbarung enthalten war oder es sich diesbezüglich um eine privatrechtliche Vereinbarung handelte, sowie unbeschadet der Frage der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung über die Beschäftigungsdauer hinaus, erstreckt sich ein solches Verbot keinesfalls dergestalt auf einen Dritten, dass ein Erblasser bei Errichtung einer letztwilligen Verfügung dadurch beschränkt werden könnte (vgl zum Grundsatz der Testierfreiheit 2 Ob 382/97h; RIS-Justiz RS0012364 ua). Eine Unwirksamkeit oder Ungültigkeit einer letztwilligen Verfügung sei daraus folglich auch nicht abzuleiten.

Mit anderen Worten: Der Grundsatz der Testierfreiheit geht allen zwischen Dritten abgeschlossenen Vereinbarungen vor.

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