Ausländisches Pflegeheim als letzter „gewöhnlicher Aufenthalt“ eines Demenzkranken?

Artikel 4 der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) sieht vor, dass für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Nachdem sich die Verfahrensabläufe und die (insbesondere auch steuer-) rechtlichen Rahmenbedingungen in Erbrechtsangelegenheiten nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern weltweit erheblich unterscheiden, ist es von elementarer Bedeutung, in welchem Staat eine Abhandlung stattfindet.

Aus der Vielzahl von Blogbeiträgen zu dieser Thematik sei beispielhaft auf jenen vom 7. März 2014 „Auslands-Österreicher aufgepasst!“ hingewiesen.

Ein klarstellender Beitrag zur vieldiskutierten Frage, was konkret unter dem unionsautonom (also nicht nach einzelstaatlichen Kriterien) auszulegenden Begriff des letzten „gewöhnlichen Aufenthalts“ zu verstehen ist, liegt nun mit einer Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 22.07.2024, 14 W 50/24, ZErb 2024/10, 387, vor.

Demnach ist neben dem objektiven Kriterium des tatsächlichen Aufenthalts in subjektiver Hinsicht das Vorliegen eines „animus manendi“, also auch ein „Bleibewille“ erforderlich, an dem es mangelt, wenn ein demenzkranker Verstorbener gegen oder ohne seinen Willen in ein Pflegeheim im Ausland verbracht wurde, ohne dass er über die reine Pflege hinausgehende Bindungen zu dem Land hatte, in dem er bis zu seinem Tod gepflegt wurde.

Diese in Bezug auf Demenzkranke wenig überraschende Auffassung ist für all jene von großer Bedeutung und richtungsweisend, die in bester geistiger Gesundheit aus rein körperlichen oder finanziellen Gründen den Lebensabend vornehmlich im Ausland verbringen wollen. Den Angehörigen eine Verlassenschaftsabhandlung auf den Philippinen oder auf einer griechischen Insel zuzumuten, kommt nicht selten einer faktischen Enterbung gleich und wird speziell von den mitübersiedelten (Ehe-) Partner*innen häufig nicht (rechtzeitig) bedacht.

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