Ablöse eines Fruchtgenussrechts ist steuerfrei!

Die finanziellen Lasten für Pflegebedürftige und ihrer Angehörigen wurden durch die Abschaffung des Pflegeregresses seit 01.01.2018 zwar deutlich gemildert.

Dennoch bleiben Fallstricke zu beachten, die vor allem im Zuge der Erstellung von Übergabeverträgen von größter Bedeutung sind.

Ein beliebtes und in bestimmten Konstellationen durchaus zweckmäßiges Instrument stellt dabei die Einräumung von Fruchtgenussrechten an die Übergeber dar.

Entsprechende Überschüsse vorausgesetzt, lassen sich auf diese Weise laufende Einkünfte im Alter sicherstellen und vereinzelt sogar gewisse Steuervorteile lukrieren.

Wenig verbreitet ist allerdings das Wissen über den Umstand, dass die Abschaffung des Pflegeregresses laufende Einkünfte nicht betrifft (siehe dazu Blog vom 24.11.2017) und Erlöse aus Fruchtgenussrechten Einkünfte darstellen, auf die von den Sozialhilferechtsträgern weiterhin zugegriffen werden kann.

Betroffene stehen deshalb nicht selten vor der Alternative, entweder rechtzeitig auf ihre Rechte und damit auf ein Gutteil ihrer finanziellen Autonomie im Alter zu verzichten oder eben die laufenden Pflegekosten daraus abzudecken.

Natürlich wirft auch das Finanzamt gerne einen prüfenden Blick auf derartige Konstellationen, und zwar meistens umso intensiver, je ausgiebiger bei der seinerzeitigen Übergabe Steuervorteile ausgeschöpft wurden.

Die Verwaltungspraxis und höchstgerichtliche Rechtsprechung zeigen sich dabei keineswegs großzügig gegenüber den Übergabevertragsparteien, worauf bereits im Blog vom 08.09.2015 „ÜBERGABE – PFLEGEKOSTEN – FINANZAMT!“ beispielhaft hingewiesen wurde.

Einen gewissen Lichtblick stellt allerdings eine jüngere Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2017,
Ra 2016/13/0029, dar, wonach Zahlungen für die Ablöse eines Fruchtgenussrechts beim Empfänger unter bestimmten Voraussetzungen nicht steuerpflichtig sind, und zwar weder einkommensteuerrechtlich noch umsatzsteuerrechtlich.

Vorliegend stand immerhin ein potenziell zu versteuernder Betrag von € 77.000 zur Diskussion, den ein Berechtigter vom Wohnungsmiteigentümer als Ablöse für sein Fruchtgenussrecht erhalten hatte und das Finanzamt sowohl mit Einkommensteuer als auch mit Umsatzsteuer belasten wollte.

Obgleich die Rechtsmittelinstanzen diese Einschätzung im konkreten Fall nicht teilten, darf nicht übersehen werden, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Revisionsentscheidung sehr deutlich differenziert zwischen einem steuerfreien Verzicht und etwa einer keineswegs begünstigten zeitlich limitierten Übertragung des Fruchtgenussrechts.

Im Wesentlichen wurde höchstgerichtlich Folgendes erwogen:

Die Begriffe „Vermietung“ und „Verpachtung“ im Sinne des Einkommensteuergesetztes knüpften nicht an das Zivilrecht an. Maßgeblich sei vielmehr stets der wirtschaftliche Gehalt des Sachverhalts, der bei einer Vermietung in der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung bestehe. Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach
§ 28 Abs 1 Z 1 EStG 1988 zählten demnach ebenso Einkünfte aus der Einräumung dem Miet- oder Pachtrecht wirtschaftlich ähnlicher (auch dinglicher) Rechte, wie etwa eines Fruchtgenussrechts.

Einkünfte im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 EStG 1988 lägen aber dann nicht vor, wenn es sich um keine – zeitlich beschränkte – Gebrauchsüberlassung handelt, sondern das Recht endgültig „überlassen“ werde. In diesen Fällen liege vielmehr – soferne es sich um eine Vermögensumschichtung handelt – ein Veräußerungstatbestand vor. Das sei bei der Aufgabe einer Einkunftsquelle eines Fruchtgenussberechtigten, die an sich der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, gegeben.

Zivilrechtlich wäre anerkannt, dass ein Fruchtgenussrecht „der Ausübung nach“ oder auch „der Substanz nach„, mit obligatorischer oder mit dinglicher Wirkung, sowohl hinsichtlich eines realen, als auch eines ideellen Teiles der Sache übertragen werden könne. Übertrage der Fruchtgenussberechtigte dabei seine Rechte an den Eigentümer der mit dem Fruchtgenussrecht belasteten Liegenschaft, stelle sich auch die Auslegungsfrage nach einem teilweisen Verzicht des Fruchtgenussberechtigten auf seine Dienstbarkeit.

Einkommensteuerrechtlich sei insoweit von Bedeutung, ob das Fruchtgenussrecht zur Nutzung überlassen oder ob dieses auf einen Dritten übertragen bzw darauf endgültig verzichtet werde.

Beispielsweise wäre dem Erkenntnis vom 21.12.2010, 2009/15/0046, VwSlg 8606/F, der Sachverhalt zu Grunde gelegen, dass die im Grundbuch eingetragene Berechtigte ihr Fruchtgenussrecht „aufgrund eines mündlich abgeschlossenen Vertrages“ an die Mieterin „abgetreten“ hatte. Der Verwaltungsgerichtshof beurteilte diesen Sachverhalt seinerzeit dahin, dass eine entgeltliche Übertragung des Fruchtgenussrechts der Ausübung nach – vergleichbar einer Untervermietung durch einen Hauptmieter – vorgelegen sei.

Im gegenständlichen Fall habe hingegen der Berechtigte auf sein Fruchtgenussrecht verzichtet. Es liege insoweit keine zeitlich beschränkte Überlassung dieses Rechtes an einen Dritten vor, sondern vielmehr ein endgültiger Verzicht auf das Recht, also gewissermaßen eine Veräußerung des Rechtes.

Somit unterlagen weder der Vorteil aus der Einkunftsquellenveräußerung der Einkommensteuer noch der Ablösebetrag der Umsatzsteuer.

Einkommensteuerrechtlich ist allerdings zu beachten, dass diese Entscheidung noch die Rechtslage vor Inkrafttreten der so genannten Immobilienertragsteuer betraf.

Diese gilt es bei aktuellen Fällen ebenso zu berücksichtigen, wie allgemeine zivilrechtliche Grundsätze insbesondere zu Umgehungstatbeständen sowie die zeitlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Landessozialhilfegesetze im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Regressansprüchen.

Ein Verzicht relativ bald nach erfolgter (steueroptimaler) Übergabe, kurz nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit, unmittelbar vor Beginn oder überhaupt erst während laufendem Pflegeheimaufenthalt dürfte demnach zumindest einen erheblichen Erklärungsbedarf gegenüber Finanz und Sozialhilferechtsträger hervorrufen.

Wie generell, empfiehlt es sich natürlich auch hier, möglichst bereits im Rahmen der Übergabeplanung oder jedenfalls zeitgerecht an die Auswirkungen und das richtige Timing derartiger Schritte zu denken.








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