Wer vertritt die Verlassenschaft gegen das Kuckuckskind?
Alle haben es geahnt, manche vielleicht sogar gewusst.
Nur der Erblasser war zu edel, zu bequem oder einfach nur zu einfältig.
Seine zum Todeszeitpunkt erst zwölf Jahre alte Tochter aus einer mittlerweile geschiedenen Ehe hat als einzige gesetzliche Erbin im Verlassenschaftsverfahren eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben.
Daraufhin beantragte ihr Onkel als angeblicher Vertreter der Verlassenschaft bei Gericht die Feststellung, dass sie nicht vom Verstorbenen abstamme. Folglich seien er und seine Geschwister gesetzliche Erben und eben nicht die minderjährige Nichte.
Diese Konstellation ist keineswegs erfunden, sondern lag einem „realen“ Fall zugrunde, den der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.08.2016, 1Ob75/16k, Zak 2016/662, 352, zu beurteilen hatte.
Allerdings nur in formeller Hinsicht, weil der Onkel natürlich nicht legitimiert war, Anträge für die Verlassenschaft als solche einzubringen.
Die Feststellung der Nichtabstammung kann für den ruhenden Nachlass nämlich nur durch einen Verlassenschaftskurator und keineswegs von irgendeinem Erbanwärter beantragt werden.
Nachdem dieser Schritt zwischenzeitig nachgeholt wurde, obliegt es laut entsprechender Anordnung des Obersten Gerichtshofs, in weiterer Folge dem Erstgericht, eine inhaltliche Entscheidung zur Abstammungsfrage zu treffen.
Nun, auf zynische Weise bestätigt sich wieder einmal die alte Volksweisheit, dass man „beim Erben“ die Verwandtschaft erst richtig kennen lernt.
Welches Leid damit aber einem zwölfjährigen Kind angetan wird, war den Beteiligten offenbar nicht so wichtig.
Im Besonderen wäre es – neben der Mutter – vor allem am Verstorbenen selbst gelegen, diesen juristischen und emotionalen Spießrutenlauf seiner Tochter durch eine lebzeitige Klärung oder wenigstens durch testamentarische Vorgaben auszuschließen.