Wer sind „unsere Kinder“ in Patchworkfamilien?

Grundsätzlich kann jeder nur für sich selbst letztwillige Anordnungen vorsehen, also nicht etwa auch über den Nachlass einer anderen Person eigenmächtig bestimmen.

§ 586 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) sieht zudem vor, dass in der Regel ein und dieselbe schriftliche letztwillige Verfügung nur für einen Verstorbenen gilt, allerdings ausnahmsweise Ehegatten oder eingetragene Partner in einem Testament einander gegenseitig oder andere Personen als Erben einsetzen können.

Derlei „gemeinschaftliche letztwillige Verfügungen“ sind demnach in Österreich und übrigens auch in Deutschland für Ehe- oder eingetragene Partner ausnahmsweise zulässig.

Daraus resultieren vielfältige Probleme, und zwar keineswegs nur in grenzüberschreitenden Konstellationen mit Ländern, die derartigen Testamentsvarianten aus guten Gründen ablehnend gegenüberstehen, wie dies beispielsweise in Italien der Fall ist.

Immer wieder kommt es etwa vor, dass speziell bei eigenhändigen Verfügungen die Formvorschriften missachtet werden, wonach jede der beiden Parteien den Text eigenhändig schreiben und eigenhändig mit seinem Namen unterfertigen muss, es also keineswegs ausreicht, die bereits von einem Ehepartner verfasste Urkunde einfach mitzuparaphieren.

Auch rein begrifflich lassen sich manche, auf den ersten Blick einfache Dinge nur schwer in einer streitvermeidend klaren Weise formulieren.

Wer also seinen letzten Willen unbedingt gemeinsam mit seinem/seiner Partner/in und ohne fachlichen Beistand in einer einzigen Urkunde verfügen will, sollte wenigstens über die wesentlichsten Fallstricke Bescheid wissen.

Wie eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 28.08.2018, 3 Wx 6/18, ZErb 1/2019, 26, zeigt, lauert die Gefahr schon in an sich alltäglichen Begrifflichkeiten.

Im Zeitpunkt der Errichtung eines „ehegemeinschaftlichen Testaments“ war den in besagtem Fall letztwillig verfügenden Eheleuten sicherlich klar, wen sie mit dem Begriff „unsere Kinder“ gemeint haben – dass dies Jahre später, nach dem Tod beider, allein deshalb zu Streit führen könnte, weil sie in einer Patchworkfamilie gelebt haben, hingegen offenkundig weniger.

Sonst hätten sie wohl kaum in Ergänzung zu ihrer primären Einsetzung als wechselseitige Alleinerben Nachstehendes vorgesehen:

Erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils soll das Erbe zu gleichen Teilen an unsere Kinder verschenkt werden.

Waren damit also nur die drei gemeinsamen Kinder oder auch der Sohn des erstverstorbenen Mannes und/oder die Tochter seiner letztverstorbenen Gattin gemeint?

Dem OLG Düsseldorf erschien diese Testamentspassage jedenfalls auslegungsbedürftig. Es entschied im Sinne des Sprachgebrauchs und des Familienverständnisses der verstorbenen Ehegatten schlussendlich, dass sie im konkret vorliegenden Fall wohl nur ihre drei Kinder aus der gemeinsamen Ehe, nicht aber jene aus ihren Erstehen gemeint haben dürften.

Ein allgemeingültiger Rechtssatz lässt sich aus dieser sehr einzelfallbezogenen Erkenntnis zwar nicht ableiten. Sie zeigt aber deutlich auf, dass man von „eigenhändigen gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügungen“ tunlichst die Finger lassen sollte!






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