Welchen persönlichen Stellenwert hat eigentlich ein Testament?

Der eigene Nachlass erscheint Vielen offenkundig so uninteressant, dass entweder überhaupt kein Testament errichtet wird oder man sich nur mürrisch und widerwillig dieser Thematik annimmt.

Dabei geht es beim „letzten Willen“ keineswegs nur um die Verteilung von Geld und Vermögen, sondern vielmehr um eine finale Botschaft, eine überfällige Klarstellung oder einfach um eine letzte Zuneigungsbekundung, also durchaus um „Werte“, die mit Gold nicht aufzuwiegen sind.

Beispielsweise sollte die Wirkung eines in Ehren aufbewahrten und nunmehr „hinterlassenen“ Schulheftes längst erwachsener Kinder oder die im Testament enthaltene Aufklärung eines zeitlebens verschwiegenen Geheimnisses in emotionaler Hinsicht nicht unterschätzt werden.

Selbst wer nichts zu vererben hat oder ohnedies mit der gesetzlichen Erbfolge einverstanden ist, kann letztwillig ein Zeichen setzen. Wie sehr sehnen sich Angehörige oft nach einer Botschaft, mit der ihnen (doch noch einmal) Wertschätzung oder wenigstens eine Handlungsrichtlinie im Umgang mit dem Nachlass vermittelt wird, und sei es „nur“ in Briefform.

Leider nehmen sich aber immer noch die Wenigsten Zeit, um ihr „Andenken“ mit Bedacht und der zweifellos gebotenen Hingabe zu gestalten.

Natürlich lässt sich diese Erfahrung aus der erbrechtlichen Praxis weder verallgemeinern noch statistisch untermauern.

Wie man aber genau das Gegenteil von Aufmerksamkeit und Familienfrieden erreichen kann, zeigt sich ziemlich eindrucksvoll in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 30.10.2014, 8 Ob 69/14a, EF-Z 2015/24, 35, zu einem offenkundig relativ werthaltigen Liegenschaftsvermächtnis. Hier hatte sich der Erblasser zunächst noch gesträubt, „vor“ einer lebensbedrohlichen Operation überhaupt ein Testament zu errichten. Als ihm von einem Freund klargemacht wurde, dass es „danach“ allenfalls zu spät sein könnte (was sodann auch wirklich der Fall war), notierte er ein knapp gehaltenes Kodizill zu Gunsten seiner Lebensgefährtin und drückte seinen Widerwillen zusätzlich dadurch aus, dass er es lediglich mit einer kurzen, zudem missverständlich formulierten „Post-it“-Anweisung versehen an den Notar seines Vertrauens schickte.

Ob der Mann absichtlich den daraufhin zwischen seinem Sohn und der Lebensgefährtin nahezu unausweichlichen Rechtsstreit provozieren wollte oder schlicht und ergreifend ein Ignorant war, lässt sich den Entscheidungsgründen leider nicht entnehmen.