Vaters Häuschen und der Töchter Erbschaft

§ 21 ABGB normiert ganz unmissverständlich: „Minderjährige und Personen, die aus einem anderen Grund als dem ihrer Minderjährigkeit alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht vermögen, stehen unter dem besonderen Schutz der Gesetze.“

Danach haben sich alle zu richten und speziell jene Personen, denen die Obsorge über Kinder oder die Sachwalterschaft für behinderte Personen übertragen wurde.

In Vermögensangelegenheiten fällt die Grenzziehung im Familienverband allerdings nicht immer leicht, wenn es beispielsweise nach dem Tod eines Elternteils darum geht, das Erbe der Kinder jeweils strikt abgegrenzt vom Vermögen des überlebenden Elternteils zu betrachten.

Für minderjährige Waisen sind dazu eine Reihe gesetzlicher Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.

Beispielsweise bedürfen Dispositionen über ihr Vermögen unter anderem einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung.

Dabei gilt das Primat der Vermögenserhaltung und Risikominimierung (Stichwort: „mündelsichere Veranlagung“). Beispielhaft wurde auf diese Thematik bereits im Blog vom 13.11.2015 „Erbteilungsklage zur Streitvermeidung?“ eingegangen.

Hier kommt es nicht selten zu Abweichungen zwischen den rechtlichen Rahmenbedingungen und der persönlichen Wahrnehmung von Eltern, die in den allermeisten Fällen ohnedies nur das Beste für ihre Kinder im Sinn haben.

Welches Schadenspotenzial sich allerdings entwickeln kann, wenn die gesetzlichen Vorgaben nicht peinlichst eingehalten werden, zeigt ein bemerkenswerter Fall, der die Gerichte über Jahre hinweg und mehrfach auch den Obersten Gerichtshof beschäftigt hat (1 Ob 250/12i und 9 ObA 8/15i, Zak 2016/265, 139).

Dem Vater zweier minderjähriger Töchter wurde im Verlassenschaftsverfahren nach deren verstorbenen Mutter, seiner geschiedenen Ehefrau, vom später ebenfalls verstorbenen Gerichtskommissär die Auskunft erteilt, er könne als ihr Obsorgeberechtigter die im Nachlass befindliche Eigentumswohnung verkaufen und den Erlös für den Bau eines neuen Hauses auf seinem eigenen Grund verwenden.

Über den Umstand, dass nicht nur der Wohnungsverkauf, sondern auch die Art der Kaufpreisverwendung einer (neuerlichen) pflegschaftsgerichtlichen Zustimmung bedürfe, hatte ihn der Gerichtskommissär allerdings nicht aufgeklärt. Ohne vorweg einen entsprechenden Gerichtsbeschluss einzuholen, wurde daraufhin mit umfangreichen Baumaßnahmen begonnen und das Erbe der Töchter in die Finanzierungsplanung mit einbezogen.

Nach entsprechender Intervention der Großmutter der beiden Erbinnen, seiner ehemaligen Schwiegermutter, musste der Vater die zu diesem Zeitpunkt bereits getätigten Investitionen schließlich rückgängig machen.

Zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens von insgesamt rund einer halben Million Euro wurde zunächst die Republik Österreich im Amtshaftungswege verpflichtet, die sich später erfolgreich an der Verlassenschaft des Gerichtskommissärs respektive dessen Erbin und seiner Haftpflichtversicherung regressierte.

Fraglos wäre der Schaden in finanzieller (und wohl auch emotionaler) Hinsicht zu vermeiden gewesen, wenn sich alle Beteiligten strikt an den ehernen Grundsatz der Unantastbarkeit von „Mündelgeld“ gehalten hätten, der ungeachtet aller Verlockungen eben auch für Väter keine Ausnahmen zulässt!