Testamentarischer Ausschluss nicht adeliger Personen unbeachtlich!
Darf der Verfasser einer letztwilligen Verfügung bei der Nacherbeneinsetzung zwischen adeligen und nicht adeligen Nachkommen differenzieren oder letztgenannte sogar ausschließen?
Mit dem Adelsaufhebungsgesetz aus dem Jahre 1919 (StGBl 211/1919) hat die Nationalversammlung den Adel und die mit seiner sozialen Stellung einhergehenden Ehrenvorzüge in Österreich aufgehoben. Ebenso wurde jedwede Führung von Titeln, die bloß zur Auszeichnung verliehen wurden und die nicht mit einem Beruf, einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung im Zusammenhang standen, mit Geld oder Arrest pönalisiert.
Unter Rückgriff auf diese nach wie vor geltenden Bestimmungen hat der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung vom 08.09.2004, 7 Ob 193/04i, klargestellt, dass auch letztwillige Verfügungen mit diesen Grundsätzen in Einklang zu stehen haben und testamentarische Ungleichbehandlungen insoferne unbeachtlich sind.
Nach der Theorie der mittelbaren Drittwirkung habe auch eine Berücksichtigung der Grundrechte auf das Verhältnis Privater zueinander stattzufinden. Eine solche Differenzierung, wie sie im vorliegenden Testament vorgenommen worden sei, verstoße somit gegen Art 7 Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), wonach alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind.
Ob die Grundsätze des mittlerweile nunmehr 100 Jahre alten Adelsaufhebungsgesetzes immer noch zeitgemäß sind, wird zwar durchaus kontroversiell diskutiert. Dennoch ist bei der Textierung letztwilliger Verfügungen im Spiegel der vorliegenden Rechtsprechung Vorsicht angebracht.
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