Nur wer wirklich trauert bekommt Trauer-Schmerzengeld!

Die Berechtigung zur Erlangung von Trauer-Schmerzengeld ist an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft, unter anderem auch an eine „auffallende innige familiäre Nahebeziehung“, wie der Oberste Gerichtshof erst jüngst in einer Entscheidung vom 18.06.2024, 6 Ob 131/23t, Zak 2024/502, 278 = AnwBl 2024/276, 624, konstatierte.

Der im Jahr 1948 geborene Ehemann der Klägerin zog im Dezember 2005 aus der Ehewohnung aus, wünschte zumindest ab diesem Zeitpunkt die Scheidung von der Klägerin und lebte fortan von ihr getrennt. Am 15. 12. 2018 wurde er im von der Beklagten betriebenen Krankenhaus stationär aufgenommen, wo er bis zu seinem Tod am 06. 02. 2019 behandelt wurde. Im Krankenhaus äußerte der Ehemann, nachdem es am Vortag bei einem Besuch zu Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und ihm gekommen war, am 19. und 20. 12. 2018 gegenüber dem Krankenhauspersonal ausdrücklich den Wunsch, dass er keine weiteren Besuche seiner Ehefrau und seiner Kinder mehr haben wolle und an diese auch keine Behandlungs- und Krankenunterlagen weitergegeben werden sollen.

Die Klägerin begehrte in ihrer Klage die Herausgabe einer Abschrift sämtlicher Behandlungs- und Krankenunterlagen ihres verstorbenen Ehemanns für den Zeitraum ab 15. 12. 2018. Dessen Tod sei durch eine nicht lege artis erfolgte Behandlung grob fahrlässig verursacht worden. Sie habe unter anderem Anspruch auf Schadenersatz für Trauerschmerzengeld und Schockschaden, demnach ein rechtliches Interesse an der Herausgabe der entsprechenden Behandlungs- und Krankenunterlagen, um das Vorliegen einer nicht lege artis erfolgten Behandlung beweisen zu können.

Der Oberste Gerichtshof bekräftigte die Klagsabweisung der Vorinstanzen mit folgenden Erwägungen:

Im Fall eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter erwerbe der Dritte unmittelbare vertragliche Ansprüche gegen den Schuldner, der dann auch gemäß § 1313a ABGB für das Verschulden jener Personen hafte, deren er sich zur Erfüllung bediente. Für die Beurteilung des begünstigten Personenkreises sei maßgebend, dass bei objektivem Verständnis typischerweise, bei üblichen Sozialstrukturen, eine auffallende innige familiäre Nahebeziehung zu erwarten ist, sodass der aus dem Vertrag Hauptleistungspflichtige mit der Einbeziehung der fraglichen Personengruppe in den geschützten Personenkreis rechnen müsse.

Einen Trauerschaden mit Krankheitswert begehrenden Ehegatten einer Patientin werte der Oberste Gerichtshof folglich nur dann als eine der Leistung aus dem ärztlichen Behandlungsvertrag nahestehende Person, wenn die Lebensgemeinschaft aufrecht war und keine Hinweise auf eine bereits eingetretene Entfremdung (etwa durch eine de facto vorgenommene Trennung) bestanden habe. Erwachsene Geschwister des Patienten seien hingegen vom Kreis der von einem Behandlungsvertrag geschützten Dritten selbst dann nicht mehr umfasst, wenn sie noch in häuslicher Gemeinschaft lebten oder eine innige Gefühlsgemeinschaft bestand habe.

Im vorliegenden Fall lebten die Klägerin und der Verstorbene seit Dezember 2005 getrennt. Der Verstorbene wünschte ab diesem Zeitpunkt die Scheidung von der Klägerin. Diese führte nach einem Rechtsstreit mit dem Verstorbenen gegen ihn auch Exekution. Schon deshalb könne die Klägerin ein berechtigtes Interesse nicht erfolgreich auf einen Anspruch gegen die Krankenhausbetreiberin auf Ersatz eines Trauerschadens mit oder ohne Krankheitswert stützen und habe folglich kein Einsichtsrecht in die Krankengeschichte.

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