Loseblatt-Testament

§ 579 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) sieht vor, dass bei der Errichtung eines fremdhändigen Testaments unter anderem die Unterschrift dreier Testamentszeugen erforderlich ist.

Ob diese Unterfertigung auf der Urkunde selbst zu erfolgen hat oder auch auf einem Beiblatt möglich ist, wurde unlängst durch den Obersten Gerichtshof in einer richtungsweisenden Entscheidung vom 26.06.2018, 2 Ob 192/17z, RS0132171, erörtert.

Was war geschehen?

Die Verstorbene ließ ein Testament für sich vorbereiten. Inhaltlich sollte ihre Tochter nur den Pflichtteil erhalten und ihre Freundin als Alleinerbin eingesetzt werden.

Der sodann errichtete Text der letztwilligen Anordnung füllte die Vorder- und die Rückseite eines Papierblatts. Auf diesem war auch ein Platzhalter für die Unterschrift der Testatorin vorgesehen. Die drei beigezogenen Testamentszeugen hingegen signierten auf einem zweiten, losen Beiblatt, welches anschließend durch eine Büroklammer mit den anderen verbunden wurde.

Die Tochter bestritt nach dem Ableben ihrer Mutter die Gültigkeit dieses Testaments, unter anderem mit dem Argument, die Unterschrift der drei Zeugen hätte nicht auf ein gesondertes, mit dem Testament unverbundenes Blatt erfolgen dürfen.

Im Verfahren zur Feststellung des Erbrechts vertrat der Oberste Gerichtshof dazu folgende Rechtsansicht:

Den Formvorschriften letztwilliger Verfügungen kämen grundsätzlich Warn- und Beweisfunktionen zu. Würde die Form nicht gewahrt, sei die Anordnung des Verstorbenen ungültig, selbst wenn sie dessen erwiesenen Willen entspräche.

Aufgrund des Todeszeitpunktes im Jahre 2016 seien hier noch die Rechtsvorschriften vor Inkrafttreten des Erbrechts-Änderungsgesetzes 2015 (ErbRÄG 2015) herrschend.

§ 579 ABGB alte Fassung (aF) sah vor, dass die drei Zeugen auf der Urkunde selbst unterschreiben müssen.

Befinde sich der Text des Testaments jedoch – wie im gegenständlichen Fall – lediglich auf einem Blatt, so stelle nur dieses die eigentliche Testamentsurkunde dar, auf dem somit auch die Unterfertigung durch die drei Zeugen hätte erfolgen müssen.

Grundsätzlich käme hierfür zwar jede Stelle auf dem Schriftstück in Frage. Denn durch die Unterschrift werde nicht der Inhalt der letztwilligen Verfügung beurkundet, sondern nur ihre Identität als solche. Dadurch sollen Unterschiebungen hintangehalten werden.

Eine Unterschrift auf einem zweiten Blatt wäre allerdings nur dann zulässig, wenn dieses wiederum den Anforderungen einer Urkunde entspräche und zudem eine Willensäußerung der Testatorin enthalte.

Jedenfalls werde für die Formgültigkeit ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den losen Blättern gefordert. Hierfür sei bereits ein Vermerk auf dem Beiblatt mit Bezugnahme auf die letztwillige Verfügung ausreichend.

Im gegenständlichen Fall enthalte das von den Zeugen unterfertigte Schriftstück jedoch keinen solchen von der Verstorbenen unterfertigten Hinweis. Die Unterschriften hätten somit auf dem ersten Blatt erfolgen müssen, wofür auch genügend Platz zur Verfügung gestanden wäre.

Somit sei das fremdhändige Testament formungültig und folglich das Erbrecht der Tochter zum gesamten Nachlass festzustellen. Die Anbringung der Unterschrift auf einem zusätzlichen, losen und leeren Blatt erfülle nämlich nicht die Voraussetzungen des § 579 ABGB aF.

Obgleich diese Bestimmung im Zuge des Erbrechtsänderungsgesetzes 2015 ab 01.01.2017 textlich neu gefasst wurde, sieht § 579 Abs 2 ABGB weiterhin vor, dass die drei Testamentszeugen „auf der Urkunde mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden und eigenhändig geschriebenen Zusatz zu unterschreiben“ haben. Das vorliegende Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs wird deshalb auch künftig gebührend zu beachten sein.







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