Kuckuckskinder im erbrechtlichen Fadenkreuz ihrer Geschwister

Nach Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Kuckuckskind) bezeichnet der Begriff „Kuckuckskind“ ein Kind, dessen Vater nicht sein biologischer Vater ist, weil die Mutter es mit einem anderen Mann zeugte und es ebenso wie seinen sozialen Vater im Glauben ließ, miteinander blutsverwandt zu sein. Der Ausdruck ist abgeleitet vom Kuckucksvogel, der seine Eier in fremde Nester legt (Brutparasitismus). Die umgangssprachlich abwertende Bezeichnung als „Kuckuckskind“ beinhaltet eine Kritik an der Mutter, die ihrem (Ehe-)Partner ein mit einem anderen Mann gezeugtes Kind „unterschiebt“ und kann vom betroffenen Kind als stigmatisierend empfunden werden.

Nun ist die Elternschaft in erbrechtlicher Hinsicht natürlich von größter Bedeutung, folglich in Zweifelsfällen auch die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft oder eben der Nichtabstammung.

Nach den einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) kann diese gerichtliche Klärung vom betroffenen Kind gegen den Mann und von diesem gegen das Kind beantragt werden.

Nach dem Tod der betroffenen Person kann die Feststellung der Abstammung, deren Änderung oder die Feststellung der Nichtabstammung gemäß § 142 ABGB von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese bewirkt werden.

Bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 19.05.2022, 9 Ob 32/22g, Zak 2022/381, 211 = EvBl‑LS 2022/150 = iFamZ 2022/174, 245 (Beck) = EF‑Z 2022/116, 268 (Al‑Dubai), war fraglich, ob sich auch blutsverwandte Geschwister schon während des laufenden Verlassenschaftsverfahrens, also noch vor Einantwortung ihrer erbanspruchsschmälernden „Kuckucks-Geschwister“ durch einen entsprechenden Antrag auf Feststellung deren Nichtabstammung vom Verstorbenen „entledigen“ können.

Dies wurde in allen drei Instanzen abgelehnt und die Antragslegitimation der Geschwister verneint.

Der Oberste Gerichtshof verwies darauf, dass schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes in § 151 Abs 2 ABGB die Antragslegitimation neben dem Mann nur jenem Kind zusteht, dessen Nichtabstammung verfahrensgegenständlich ist. Das entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der weder der Mutter noch dem biologischen Vater ein eigenes Antragsrecht zuerkannt habe. Zufolge der Gesetzesmaterialien lag dem „die Erwägung zugrunde, dass das Statusverhältnis zwischen zwei Personen eine Angelegenheit ist, die grundsätzlich und primär nur diese zwei Personen rechtlich betrifft. … Damit soll in diesem Fall gewissermaßen dem Schutz der sozialen Familie größeres Gewicht als dem Interesse an der Feststellung der biologischen Abstammung zukommen.“ Für eine Ausweitung des Antragsrechts auf Geschwister bestehe demnach kein Raum.

Das Argument, dass damit nicht vom Vater abstammenden Kindern der Weg in eine lukrative Erbschaft geebnet wäre, lasse unbeachtet, dass die Einräumung eines Antragsrechts an die leiblichen Kinder des Mannes auch zu einer Umgehung des Willens des Verstorbenen führen könnte, wenn er bewusst keine Nichtabstammung des Kindes festgestellt wissen wollte.

Dass gemäß § 142 ABGB nach dem Tod der betroffenen Person (ua) die Feststellung der Nichtabstammung von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese bewirkt werden kann, habe vor der Einantwortung die Antragslegitimation der Verlassenschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin, nicht aber jene eines einzelnen präsumtiven Erben zur Folge.

Mit anderen Worten: Nach erfolgter Einantwortung werden die Karten neu gemischt.

Klar muss dabei jedem/jeder Antragsteller/in sein, dass dies nicht ohne tiefgreifende Demütigungen sowohl des betroffenen Kindes als auch der Kindesmutter und (postmortal) des allenfalls doch gemeinsamen Vaters vonstattengehen kann. Etwa lag dem vorzitierten Fall die schwer ehrenrührige Behauptung des Antragstellers zugrunde, seine beiden ehelichen Geschwister (geboren 1961 und 1966) würden nicht von seinem Vater abstammen wegen der ortsbekannten außerehelichen Beziehungen der vorverstorbenen Ehefrau des Vaters.

Ist es das wert oder kommt es so manchem lieben Geschwisterchen vielleicht sogar primär darauf an?

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