Keine Haftung des Steuerberaters für Steuerschaden der Erben!

Haben Verstorbene Schulden aus Schadenersatzpflichten hinterlassen, gehen diese nach ständiger Rechtsprechung selbst dann auf ihre Erben als Gesamtrechtsnachfolger über, wenn zwar die schädigende Handlung noch vor dem Tod gesetzt wurde, der Schaden aber erst danach eingetreten ist. Zu denken ist hier etwa an später erforderliche Sanierungskosten für vom Erblasser verursachte Bodenkontaminierungen.
Fraglich war hingegen bislang, ob dies auch umgekehrt der Fall sein soll, wenn also in Bezug auf die verstorbene Person eine schädigende Handlung gesetzt wurde, die sich nach ihrem Tod und zudem erst direkt bei den Erben auswirkt, beispielsweise über erhöhte Steuerbelastungen nach eine Fehlberatung.
Der Oberste Gerichtshof hat dies nunmehr in einer ausführlich begründeten Entscheidung vom 04.11.2021, 5 Ob 88/21h, Zak 2022/60, 37, verneint.
Von einer Steuerberaterin wurde viele Jahre vor dem Tod der Erblasserin verabsäumt, die Heranziehung einer erhöhten Bemessungsgrundlage für die Abschreibung eines Zinshauses zu beantragen. Das konnte später nicht mehr nachgeholt werden und verursacht somit bei den Erben (auch in Zukunft) laufend erhöhte Einkommensteuer-Belastungen, deren Ersatz sie von eben dieser Steuerberaterin – letztlich erfolglos – begehrten. Unmittelbar im Vermögen der Verstorbenen respektive ihrer Verlassenschaft eingetretene Nachteile durch ihre Einkommensteuer-Mehrbelastung wurden hingegen bereits in einem anderen Verfahren zugesprochen und ersetzt.
Im Wesentlichen konstatiert der Oberste Gerichtshof in seinem vorgenannten Erkenntnis Folgendes:
„Ob sich ein Gesamtrechtsnachfolger auf einen vom Erblasser abgeleiteten Schadenersatzanspruch berufen kann, wenn die schadensbegründende Handlung oder Unterlassung zu Lebzeiten des Verstorbenen stattfand, der Schaden sich aber nicht im Nachlass des Erblassers verwirklichte, sondern erst im Vermögen der Erben eintritt, wurde in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bislang nicht beurteilt. In der Literatur finden sich dazu keine abschließenden Stellungnahmen. …
Das der Beklagten angelastete sorgfaltswidrige Verhalten liegt nach den Behauptungen des Klägers in einer steuerlichen Schlechtberatung der Erblasserin, weswegen diese bis zum 31. 7. 2008 die Bemessung der AfA nicht auf Grundlage der fiktiven Anschaffungskosten beantragt habe. Mit der Einantwortung sind die Rechte der Verstorbenen aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag auf die Erben übergegangen, sodass sie insoweit an deren Stelle getreten sind. Das betrifft jedenfalls diejenigen Schadenersatzansprüche, die die Erblasserin wegen einer Verletzung des steuerlichen Beratungsvertrags gegenüber der Beklagten geltend machen hätte können. …
Die Einkommenssteuer gehört zu den Personensteuern, auch wenn Besteuerungsgegenstand das Einkommen ist (…). Die Einkommenssteuerpflicht bezieht sich auf die einzelne natürliche Person und endet mit dem Tod des Steuerpflichtigen (…). Mit dem Ableben der Rechtsvorgängerin des Klägers endete deren Steuerpflicht, sodass in ihrem Vermögen auch kein Nachteil mehr durch eine Einkommenssteuermehrbelastung entstehen konnte. Soweit der Kläger einen Schaden behauptet, weil er für das Veranlagungsjahr 2017 zu viel Einkommenssteuer habe zahlen müssen, macht er keinen derivativ erworbenen Anspruch der Erblasserin geltend. …
Der Kläger stand mit der Beklagten in keiner vertraglichen Beziehung. Die einem Steuerberater obliegenden Pflichten hatte die Beklagte aufgrund des Vertrags der Verstorbenen gegenüber zu erbringen. Für ihre Mandantin war sie über einen längeren Zeitraum tätig, weswegen sie dieser gegenüber Schutz-, Fürsorge- und Aufklärungspflichten zu erfüllen hatte (…). Soweit ein Steuerberater eine mangelhafte Geschäftsbesorgung zu vertreten hat, wird er gemäß §§ 1009, 1010, 1012 und 1299 ABGB schadenersatzpflichtig. Diese Schadenersatzpflicht besteht grundsätzlich gegenüber dem Mandanten als Vertragspartner (…).
Als Gesamtrechtsnachfolger ist der Kläger in die Rechte der Verstorbenen aus dem Vertrag mit der Beklagten eingetreten. Als Erbe erlangte er aber nur jene Position, die der Rechtsstellung der Verstorbenen als Vertragspartnerin der Beklagten entsprach. Nur in diesem Umfang trifft es zu, dass seine Rechtsstellung (anteilig) der der unmittelbar Geschädigten entspricht. Diese Stellung berechtigt ihn aber nur jene Nachteile geltend zu machen, die auch die Erblasserin gegenüber der Beklagten geltend zu machen berechtigt gewesen wäre.
Sein Nachteil aus der Einkommenssteuermehrbelastung für das Veranlagungsjahr 2017 resultiert aus seiner persönlichen Steuerpflicht und zählt nicht dazu, sodass er entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insoweit auch nicht als unmittelbar Geschädigter betrachtet werden kann. …
Grundsätzlich kann nur ein unmittelbar durch die rechtswidrige Handlung Verletzter Schadenersatz begehren. Für einen Drittschaden haftet der Schädiger daher im Allgemeinen nicht (…).
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden ist nicht im Vermögen der Verstorbenen eingetreten, sondern als Folge der Personenbezogenheit der Einkommenssteuer ausschließlich seiner eigenen Sphäre zuzurechnen. Damit fehlt es schon an der für die Annahme einer Drittschadensliquidation erforderlichen Voraussetzung einer Schadensverlagerung.“
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