Grenzen testamentarischer Tyrannei

Immer wieder finden sich in letztwilligen Verfügungen Auflagen und sonstige Schikanen, mit denen Erblasser auf ziemlich entlarvende Weise versuchen, ihre Herrschsucht über den Tod hinaus aufrechtzuerhalten.

Innerhalb eines gewissen Rahmens ist dies rechtlich durchaus zulässig.

Wird der Bogen allerdings überspannt, drohen Konflikte und gerichtliche Korrekturen.

Die Judikatur greift hier regelmäßig revidierend ein, um diese speziell bei ehemaligen „Familienoberhäuptern“ (m/w) verbreitete Unsitte auf ein erträgliches Niveau einzudämmen.

So geschehen erst kürzlich durch das Oberlandesgericht Frankfurt in einer Entscheidung vom 05.02.2019, 20 W 98/18, ZErb 2019/6, 163.

Der Verstorbene hatte in einem eigenhändigen Testament vom 20.09.2019 unter anderem Folgendes verfügt:

Die restlichen 50 % des dann noch vorhandenen Geldes, bekommen, zu gleichen Teilen meine Enkel F u. E, aber nur dann, wenn sie mich regelmäßig d. h. mindestens 6-mal im Jahr besuchen.
Wenn das der Fall ist, muss das Nachlassgericht bis zu ihrem 21. Lebensjahr das Geld auf einem Sperrkonto verwahren.
Sollte das nicht der Fall sein d. h. mich keiner besuchen, werden die restlichen 50 % des Geldes zwischen meiner Frau G und meinem Sohn D aufgeteilt.
Mein Sohn B seine Frau H dürfen über den Erbnachlass nicht verfügen, und auch nach dem derzeitigen Stand der Dinge nicht zu meiner Beerdigung kommen…

Das Oberlandesgericht Frankfurt vertrat die Auffassung, die im Testament vorgesehene Besuchspflicht sei sittenwidrig und damit als Bedingung für die Erbenstellung der beiden Enkelkinder nichtig, während ihre Erbeinsetzung als solches ungeschmälert aufrecht bleibe.

Zwar wäre es nach den Grundsätzen der Testierfreiheit möglich, die Erbfolge grundsätzlich nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten und die Grenze zur Sittenwidrigkeit würde nur in besonders schwerwiegenden Fällen überschritten.

Dies sei jedoch – wie vorliegend – dann zu konstatieren, wenn eine vom Erblasser erhobene Bedingung die Adressaten unzumutbar unter Druck setzt und er mit dem in Aussicht stehenden wirtschaftlichen Anreiz in einer gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstoßenden Weise ein bestimmtes Verhalten zu „erkaufen“ suche.

Wer also Besuche seiner „Lieben“ unbedingt erzwingen will, sollte ihnen diese Bürde tunlichst noch zu Lebzeiten aufhalsen und erforderlichenfalls sogleich entsprechend abgelten.

Das ist allemal effizienter und mit Gewissheit auch ziemlich erhellend für alle Beteiligten.








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Foto und Fotobearbeitung: Sarah Hettegger, © Copyright 2019