Fatale Folgen einer Bankvollmacht an den Sohn

Eines der gravierendsten Probleme des Alters besteht darin, geeignete Vorsorgebevollmächtigte zu finden.

Immerhin soll sich diese Person kompetent und zuverlässig nicht nur um einen selbst, sondern auch um die Ersparnisse kümmern.

Meistens fällt die erste, aber keineswegs immer beste Wahl auf Angehörige, die dadurch nicht selten überfordert werden. Abgesehen von fachlichen und charakterlichen Defiziten, bestehen nur in seltenen Fällen Haftpflichtversicherungen für Schadensfälle, wie sie auch bei seriösester Betreuung nie gänzlich auszuschließen sind.

Von Bevollmächtigten, die dem Kreis der gesetzlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten angehören, ist ohnedies tendenziell abzuraten. Schmälert doch jeder Cent, der zum Wohle des Vollmachtgebers aufgewendet wird, naturgemäß ihr zu erwartendes Erbe. Unter diesen Umständen kann es schon vorkommen, dass dem Sparsamkeitsgebot im Zweifel eine überproportionale Bedeutung beigemessen wird.

Besonders tragisch entwickeln sich derartige Konstellationen dann, wenn die geliebte Enkelin oder der vermeintlich seriöse (Schwieger-) Sohn das in sie/ihn gesetzte Vertrauen missbraucht und das treuhändig zur Verwaltung überlassene Vermögen zu eigenen Zwecken verwendet.

Dieser Sachverhalt lag der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 23.10.2012, 10Ob 30/12b, ecolex 2013/2, 26 (uva), zugrunde. Eine betagte und gehbehinderte Dame räumte ihrem Sohn umfangreiche Bankvollmachten und Zeichnungsberechtigungen ein. Nachdem sein Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten war, verpfändete er die in einem Bankdepot befindlichen Wertpapiere, ohne seine Mutter darüber zu informieren. Als sie von diesen Machenschaften erfuhr, ging sie gegen die gemeinsame Hausbank gerichtlich vor und verstarb noch während des laufenden Prozesses.

Der Oberste Gerichtshof lehnte schlussendlich eine Berechtigung zur nachträglichen Aufhebung der Verpfändung durch die Eigentümerin der Wertpapiere ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass es sich um ein so genanntes „Oder-Depot“ gehandelt und sie verabsäumt habe, in der Bankvollmacht an den Sohn diesbezügliche Verfügungsbeschränkungen vorzusehen.

Ein bewusstes Zusammenwirken des über alle familiären Rahmenbedingungen bestens informierten gemeinsamen Bankberaters mit dem Sohn zum Nachteil der Mutter (Kollusion) wurde gerade wegen dieser verwandtschaftlichen Nähe höchstgerichtlich folgendermaßen verneint:

„In dieser Situation, in der nicht zuletzt im Hinblick auf das enge Verwandtschaftsverhältnis der beiden Depotinhaber (vgl BGH zur Kontovollmacht in NJW 1999, 2883 f) keine besondere Verdachtslage bestand, lag daher im Hinweis des Bankmitarbeiters, dass der Sohn der Klägerin >als Depotinhaber verfügungsberechtigt sei< nur die an sich richtige Darstellung dessen rechtlicher Befugnisse als Mitinhaber des Oder-Depots.“

Wie knapp sich die beklagte Bank hier aus der mehr als deutlich im Raum stehenden Verantwortung ziehen konnte, zeigt sich allein darin, dass der Klage vom Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht noch stattgegeben wurde.

Gewiss hätten alle Beteiligten gut daran getan, von vorneherein für klare und professionell getrennte Strukturen zu sorgen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die berechtigte, aber in diesem Rechtsstreit offenkundig nicht aufgeworfene Frage, ob eine seriöse Bank ihre langjährige Kundin nicht generell vor einem derartigen Arrangement mit dem Sohn warnen und jedenfalls die Verpfändung der nicht in seinem Eigentum stehenden Wertpapiere an sich selbst ohne deren gesonderte Zustimmung strikt ablehnen hätte müssen.

Diese Form von Übervorteilung einer weder aufgeklärten, noch vorweg kontaktierten, noch in irgend einer Weise gewarnten Kundin zum alleinigen Vorteil der Bank wäre ohne das fatale Mutter-Sohn-Verhältnis wohl zumindest in schadenersatzrechtlicher Hinsicht in einem anderen Licht zu betrachten gewesen. Insoferne sei nicht nur älteren Herrschaften, sondern auch ihren Bankberatern wesentlich mehr Vorsicht und Achtsamkeit in derart sensiblen Belangen angeraten.

Bedeutend schwerer als der finanzielle Schaden und die rechtlichen Auswirkungen wird für die damals bereits rund 80 Jahre alte Dame allerdings ohnehin die menschliche Enttäuschung über das Verhalten aller involvierten Personen gewogen haben, denen sie im Nachhinein betrachtet etwas zu leichtfertig ihr Vertrauen geschenkt hatte.