Facebook-Account Verstorbener geht auf Erben über!

Mit Urteil vom 12.07.2018 – III ZR 183/17 hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) nun eine richtungsweisende Entscheidung gefällt zur Frage, wer nach dem Tod von Angehörigen Zugang zu den Benutzerkonten in sozialen Netzwerken haben soll.

Wie bereits in den Blogs vom 22.04.2016 „Mutter bekämpft erfolgreich >Gedenkstatus< im Account der Tochter“ und vom 25.08.2018 „Facebook-Account verstorbener Kinder für Eltern nicht einsehbar!“ berichtet, lagen dieser höchstgerichtlichen Entscheidung folgende Umstände zugrunde:

In dem schon seit Jahren anhängigen Rechtsstreit zwischen der Mutter eines am 03.12.2012 im Alter von 15 Jahren unter tragischen Umständen verunglückten Mädchens und Facebook wurde zunächst vom Landgericht Berlin am 17.12.2015, 20 O 172/15, ZErb 4/2016, 109, der klagenden Mutter ein Zugriffsrecht auf den Facebook-Account der verstorbenen Tochter zugebilligt.

Nachdem das Kammergericht Berlin mit Berufungsurteil vom 31.05.2017, 21 U 9/16, ZErb 7/2017, 225, unter Hinweis auf das Fernmeldegeheimnis gegenteilig entschieden hatte, bestätigte nunmehr der BGH das erstinstanzliche Erkenntnis mit folgendem Leitsatz:

Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.“

In einem überaus lesenswerten Kommentar weist Rechtsanwalt Matthias Pruns in ZErb 8/2018, 1, unter dem Titel „Nur der Anfang: Der BGH zum digitalen Nachlass“ sehr treffend auf eine Reihe daraus resultierender Möglichkeiten, aber auch Pflichten und Gefahren hin, die es von Erblassern (prophylaktisch mit Vorsorge noch zu Lebzeiten), aber auch von Erben, Pflichtteilsberechtigten, Testamentsvollstreckern und allen anderen mit Nachlässen befassten Personen/Institutionen unbedingt zu beachten gilt.

Mögen auch die erbrechtlichen Verfahrens- und Rechtslagen in den einzelnen Ländern zum Teil erheblich voneinander abweichen, ist die Thematik doch „weltweit“ die Gleiche.

Der „digitale Nachlass“ nimmt auf nationale Grenzen oder Rechtsordnungen keine Rücksicht und hat gerade deshalb längst Einzug gefunden in jede professionelle Vorsorgeberatung und Nachlassabwicklung.

In Österreich stehen vor allem Gerichtskommissäre, Verlassenschaftskuratoren, Rechtsberater und Parteienvertreter in der Pflicht, etwa bei der Stoffsammlung, Inventarisierung und Sicherung von Verlassenschaften ein besonderes Augenmerk auf „virtuelle Vermögenswerte“, wie Social-Media-Benutzerkonten, elektronische Währungen (Bitcoins), Urheberrechte (Musik, Fotos, Texte, Grafiken etc), Download-Rechte bzw -Speicher (Musik, Filme etc) zu legen, aber auch im Zusammenhang mit der Eindämmung laufender Kosten (Dauer-Mitgliedschaften, laufend kostenpflichtige Dienste etc) keine Position zu übersehen.

Vorbei sind die Zeiten, als es genügte, den Mietvertrag, den Handyvertrag, das Zeitungsabonnement, Versicherungen und diverse Versorgungsverträge aufzukündigen.

Wer diese sich laufend beschleunigenden Prozesse nicht erkennt und wahrnimmt, riskiert zumindest eine vermeidbare Reduktion der Erb- und Pflichtteilsmasse, allenfalls sogar persönliches Leid von Angehörigen durch den Verlust wesentlicher Andenken an die verstorbene Person, letztlich aber auch nicht zu unterschätzende Haftungsfolgen für die hier zur Sorgfalt angehaltenen Akteure.

Pruns weist im Ergebnis zutreffend darauf hin, dass es sich beim vorzitierten „Facebook-Urteil des BGH“ eigentlich nur um „die Spitze eines Eisbergs“ handelt.

Das Erfordernis, mit allen technischen und sozialen Entwicklungen laufend Schritt zu halten, kann jedenfalls auch in erbrechtlicher Hinsicht schon lange nicht mehr überschätzt werden.

Näheres zu diesem Thema finden Sie auch in den Beiträgen vom 24.01.2014, 28.03.2014, 22.04.2016, 25.08.2017 und 08.11.2019.

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Foto und Fotobearbeitung: David Schilchegger, © Copyright 2018