Bis der Tod euch scheidet!
Das österreichische Erbrecht knüpft eine Reihe von Rechtsfolgen an die Ehe oder eingetragene Partnerschaft.
Fallen sie weg, verlieren ehemalige Partner nicht nur ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht, sondern auch ihre Parteistellung im Verlassenschaftsverfahren.
In Kombination mit anderen unersprießlichen Scheidungsfolgen, führt dies bei Todesfällen in der Trennungsphase stets zu besonders prickelnden Konstellationen im Angehörigenkreis.
Nach aktueller Rechtslage verlieren überlebende (Ehe-)Partner nämlich schon vor Rechtskraft eines Scheidungsurteils ihr gesetzliches Erbrecht und das gesetzliche Vorausvermächtnis (Hausrat, Wohnung), soferne der/die Verstorbene zuvor eine Scheidungsklage erhoben hatte und der verwitwete Teil in hypothetischer Betrachtung als schuldig anzusehen gewesen wäre (§ 759 ABGB).
In Folge dessen ist in einem Erbrechtsstreit oder Pflichtteilsprozess nachträglich die Verschuldensfrage zu klären mit dem absurden Ergebnis, dass sich unter Umständen die Witwe mit den (Beinahe-Ex-)Schwiegereltern oder ein Witwer mit seinen eigenen Kindern vor Gericht über historische Eheverfehlungen auszutauschen haben.
Welche Verwicklungen daraus resultieren können, zeigt eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 19.11.2015, 2 Ob 178/15p, Zak 2016/220, 114.
Die Erblasserin hatte im August 2012 geheiratet. Aufgrund ihrer im Jänner 2013 eingebrachten Klage wurde die Ehe aus dem Verschulden des Ehegatten erstinstanzlich aufgehoben, wogegen dieser berief. Noch bevor das Berufungsurteil ergangen war, verstarb die Erblasserin. Während des Aufhebungsverfahrens hatte sie ihre Eltern und eine Schwester in einem handschriftlichen Testament als Erben eingesetzt.
Der überlebende Ehegatte beantragte unter Hinweis auf seine Pflichtteilsberechtigung die Inventarisierung des Nachlasses und bekam gegen den Widerstand seines Schwiegervaters (erst) durch den Obersten Gerichtshof Recht.
Die an sich nur noch hypothetische Frage, ob die Verstorbene mit ihrer Klage Erfolg gehabt und ihren Gatten das Verschulden an der Aufhebung oder Scheidung der Ehe getroffen hätte, wäre nämlich nur im Erbrechtsstreit oder Pflichtteilsprozess, aber nicht im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens zu klären.
Ein (Gerade-noch-)Witwer ist also bei der Verlassenschaftsabhandlung Partei und wird in jedem Fall gut beraten sein, all seine diesbezüglichen Rechte auch wahrzunehmen.
Für Todesfälle ab 01.01.2017 hat der Gesetzgeber nun allerdings mit § 746 ABGB in der Fassung des Erbrechtsänderungsgesetzes 2015 eine Vereinfachung dahingehend vorgesehen, dass die erbrechtliche Position überlebender Ehegatten oder eingetragener Partner generell erst nach rechtskräftiger Auflösung der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft entfällt.
Eheliche Verschuldenserwägungen und hypothetische Scheidungsverfahrensabläufe gehören damit in Erbrechtsangelegenheiten endlich der Vergangenheit an.
Eine einzige, sehr sinnvolle Ausnahme betrifft Vereinbarungen über die Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse, die in einem zum Todeszeitpunkt bereits anhängigen Verfahren getroffen wurden. Sie gelten im Zweifel anstelle der Bestimmungen über das gesetzliche Erbrecht und Vorausvermächtnis.
Derart vorweggenommene Aufteilungsabmachungen sollten also künftig unbedingt eine klarstellende Regelung für den Fall des Ablebens eines Partners noch vor rechtskräftiger Auflösung der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft enthalten.
Dass bei jeder nachhaltigen Beziehungskrise alle letztwilligen Verfügungen unbedingt auf die neuen Verhältnisse auszurichten und entsprechend nachzujustieren sind, versteht sich ohnehin von selbst.