Betretungsverbot für Schwiegersohn als Testamtents-Auflage

Schwiegerverhältnisse sind für alle Beteiligten herausfordernd, manchmal sogar überfordernd und insoferne letztwillig schwer in den Griff zu bekommen, als keinerlei gesetzliche Erb- oder Pflichtteilsansprüche bestehen, die man den dauerhaft in Ungnade Gefallenen (genüsslich) entziehen könnte.
Deshalb investieren Testatorinnen und Testatoren ihre Kreativität vornehmlich in die Entwicklung möglichst „vielsagender“ Bedingungen und Auflagen, mit denen sie den Schwiegerkindern ein letztes Mal ihrer tiefgreifenden Abneigung versichern. Dass sie mit derlei Einschränkungen eigentlich vielmehr ihre Liebsten, nämlich die Erben und Vermächtnisnehmer treffen, scheint dabei nebensächlich und in Kauf genommen.
Schießen sie in ihrem letztwilligen Rachefeldzug übers Ziel hinaus, droht allerdings Unwirksamkeit wegen Gesetz- oder Sittenwidrigkeit.
Ein derart gelagerter Fall lag der Entscheidung des Landgerichts Bochum vom 29.04.2021,
I-8 O 486/20, ZErb 7/2022, 275, zugrunde.
Die Erblasserin wohnte bis zu ihrem Ableben mit ihrer Tochter im gemeinsamen Haus und hatte wohl wenig Sympathie für den mit dieser seit rd 10 Jahren liierten Lebensgefährten, Herrn „L.“ entwickelt. Sie setzte Tochter und Enkeltochter je zur Hälfte als Erbinnen ein, allerdings unter folgender Auflage bei sonstigem Verkauf der Villa und Zuwendung des halben Verkaufserlöses an gemeinnützige Einrichtungen:
„Die Erben haben dafür zu sorgen, dass es Herrn L. auf Dauer untersagt wird, die Grundstücke … (Wohnhaus) … zu betreten.“
„Das Betretungsverbot ist Herrn L. von den Erben unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Den Erben ist es darüber hinaus untersagt, das Grundstück oder Teile davon an Herrn L. oder dessen Abkömmlinge zu veräußern, zu verschenken oder auf sonstige Weise zu übertragen.“
Die Klage der beiden Erbinnen auf Feststellung der Nichtigkeit des Betretungsverbots laut Satz 1 war erfolgreich.
Nach Auffassung des Landgerichts Bochum ist Sittenwidrigkeit testamentarisch verfügter Bedingungen oder Auflagen zwar nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen anzunehmen. Dies sei allerdings im Gegenstand zu konstatieren, weil die besagte Auflage allein das Ziel verfolge, die Beziehung der Tochter zu ihrem Lebensgefährten zu erschweren und eine derartige Einflussnahme auf die Entschließungsfreiheit einer Erbin von der Rechtsordnung auch unter Berücksichtigung der Testierfreiheit einer Erblasserin nicht hinzunehmen und damit als sittenwidrig einzuordnen sei.
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