Begünstigung aus einer Lebensversicherung als anfechtbare Schenkung?

Wer den diskreten Vermögenstransfer nach seinem Ableben sucht, wird unter anderem auch die Variante einer Bezugsrechtsklausel in seiner Lebensversicherung in Erwägung ziehen.

Was in den Formularen der Versicherungsgesellschaften den Anschein einer „reinen Formsache“ hat und bei Vertragsabschluss nicht selten auch als solche dargestellt wird, entpuppt sich später manchmal als doch etwas zu einfach gestrickt und zu kurz gedacht.

Abgesehen von erb- und pflichtteilsrechtlichen Belangen gilt es stets auch auf den ersten Blick kaum einschlägige Rechtsbereiche im Auge zu behalten, wie beispielsweise insolvenzrechtliche Anfechtungsbestimmungen.

So ist einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 24.04.2018, 3 Ob 24/18b, ÖBA 2018/2485 = ecolex 2018/268, 638 = ZFR 2018/237, 516 (Parapatits) = NZ 2018/143, 431 = ZIK 2018/298, 234 = JBl 2019, 52 = SZ 2018/32, zu entnehmen, dass die Begünstigung aus einer Lebensversicherung durchaus eine nach § 29 Z 1 IO anfechtbare Schenkung sein kann.

Die Klägerin war Insolvenzverwalterin in dem am 14. April 2015 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Verlassenschaft nach dem am 15. Dezember 2014 verstorbenen Lebensgefährten der Beklagten. Die beiden hatten im Jahr 2003 eine Liegenschaft je zur Hälfte erworben und darauf im Jahr 2006 ein Gebäude errichten lassen; teilweise finanziert durch Kreditaufnahmen.

Am 5. November 2010 schloss der später verstorbene Lebensgefährte der Beklagten eine Risikoablebensversicherung ab und räumte ihr unentgeltlich ein bis zu seinem Tod nicht widerrufenes Bezugsrecht ein.

Die Insolvenzverwalterin begehrte in ihrer Klage die Einräumung des Bezugsrechts der Lebensversicherung im Todesfall für die Beklagte sowie die Unterlassung des Widerrufs dieser Berechtigung gegenüber den Insolvenzgläubigern für unwirksam zu erklären und die Zahlung von 100.000 EUR sA an die Insolvenzmasse. Erst durch den Versicherungsfall (das Ableben des Versicherungsnehmers) sei die bis dahin bloße Erwerbshoffnung der Beklagten in ein bedingtes Recht gewandelt worden. Der Lebensgefährte der Beklagten wäre spätestens am 1. August 2013, an dem er sein einziges wesentliches Vermögen (die Liegenschaftshälfte) der Beklagten geschenkt (und damit seinen Gläubigern entzogen) habe, zum Widerruf der Bezugsberechtigung für die Lebensversicherung verpflichtet gewesen. Er habe dabei in der Absicht gehandelt, seine Gläubiger zu benachteiligen. Die Beklagte habe die Benachteiligungsabsicht gekannt oder zumindest kennen müssen und gehöre auch zum Kreis der nahen Angehörigen.

Der Oberste Gerichtshof erachtete die Revision der Beklagten gegen die (insoferne) klagsstattgebenden Urteile der Vorinstanzen zwar als zulässig, jedoch nicht als berechtigt.

Gemäß § 29 Z 1 IO sind unentgeltliche Verfügungen des Schuldners, die er in den letzten zwei Jahren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat, anfechtbar, soweit es sich nicht um die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung, um gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke oder um Verfügungen in angemessener Höhe handelt, die zu gemeinnützigen Zwecken gemacht wurden, oder durch die einer sittlichen Pflicht oder Rücksichten des Anstandes entsprochen worden ist. Damit seien (von den erwähnten Ausnahmen abgesehen) sämtliche innerhalb der letzten zwei Jahre vor Insolvenzeröffnung getätigten unentgeltlichen Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar, und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner zum Zeitpunkt der Verfügung bereits insolvenzreif war, und auch unabhängig von einer rechtswidrigen Absicht oder einer Kenntnis des Anfechtungsgegners von einer solchen Absicht.

Unentgeltlich sei eine Verfügung dann, wenn der Handelnde dafür kein Entgelt (Gegenleistung) oder nur ein Scheinentgelt erhält. Entgelt sei jeder wirtschaftliche Vorteil, jedes eigenwirtschaftliche Interesse. Eine Gegenleistung müsse nicht eine geldwerte Leistung sein; es genüge, dass auf der Seite des Leistenden ein Interesse an einem bestimmten Verhalten des Empfängers der Leistung besteht.

Die Beklagte habe im Gegenstand den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme aufgrund des ihr von ihrem Lebensgefährten – unentgeltlich und bis zum Eintritt des Versicherungsfalls widerruflich – eingeräumten Bezugsrechts gegenüber der Versicherung erworben. Durch die Rückzahlung dieses Betrags werde derjenige Zustand der Masse (der Verlassenschaft nach dem Lebensgefährten) hergestellt, in dem sie sich ohne die anfechtbare unentgeltliche Einräumung des Bezugsrechts aus der Lebensversicherung an die Beklagte befunden hätte.

Dabei sei es nicht von Bedeutung, dass die Versicherungssumme (zuvor) nicht in das Vermögen des Schuldners (Lebensgefährten) oder in dessen Nachlass gelangt ist; die Beseitigung der erfolgreich angefochtenen Bezugsrechtseinräumung habe vielmehr zur Folge, dass die bereits geleistete Summe nach Beseitigung des Rechtsgrundes dafür an die Klägerin herauszugeben wäre. Damit erweise sich die Entscheidung der Vorinstanzen, die dem Anfechtungsanspruch der Klägerin in Höhe der ausbezahlten Versicherungssumme von € 100.000 stattgegeben hatten, als zutreffend.

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