Banken verbergen mehr als sie dürfen!

Leidgeprüfte Erben und Pflichtteilsberechtigte können ein Lied davon singen.

Begehren sie Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Erblassers von seiner (Haus-)Bank werden sie nicht selten unter Hinweis auf das Bankgeheimnis abgewimmelt.

Einige Kreditinstitute schrecken selbst davor nicht zurück, sogar dem zur Klärung der Vermögensverhältnisse gesetzlich verpflichteten Gerichtskommissär mit zum Teil völlig abstrusen Argumenten die Einsichtnahme in Einzelheiten ihrer Geschäftsbeziehung zum Verstorbenen zu verweigern.

Häufig wird erst nach anwaltlicher Intervention „zähneknirschend“ eingelenkt, nach Kräften verzögert, gemauert und tunlichst Spesen produzierend gehandelt, beinahe so, als wäre das berechtigte Auskunftsbegehren der Rechtsnachfolger des Kunden etwas Unanständiges.

Abgesehen davon, dass sich die betreffenden Banken durch diese Geschäftspolitik einen denkbar schlechten Dienst für ihr Renommee erweisen, schließlich sind auch Erben und Pflichtteilsberechtigte (potenzielle) Kunden, die nach derartigen Erlebnissen als solche meistens unumkehrbar verloren sind und die Vorkommnisse im Bekanntenkreis verbreiten, ist diese unverständlich restriktive und offenbar veralteten Denkmustern geschuldete Handhabung auch nicht rechtskonform.

Es herrscht nämlich überhaupt kein Zweifel daran, dass dem ruhenden Nachlass des Verstorbenen die Eigenschaft eines Bankkunden ebenso zukommt, wie zu Lebzeiten dem Verstorbenen, also insoferne eine Berufung auf das Bankgeheimnis nicht in Betracht kommen kann (OGH 27.02.1985, 4 Ob 522/84, RdW 1985, 271 = NZ 1986, 35; OGH 24.09.1992, 6 Ob 567/92, ÖBA 1993, 564; OGH 21.12.2011, 9 Ob 39/11t, EvBl 2012/75).

Die Auskunftspflicht gegenüber Abhandlungsgericht und Gerichtskommissär ersetzt den Auskunftsanspruch des Verstorbenen, weshalb sich die Bank so zu verhalten hat, als würde der inzwischen verstorbene Kunde selbst anfragen (OGH 01.12.1998, 10 Ob 322/98w, ÖBA 1999/825).

Dem Kunden und nach seinem Tod dem eingeantworteten Erben respektive dem zur Vertretung des Nachlasses bestellten Verlassenschaftskurator ist das Kreditinstitut jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten sowie über Einzelheiten der Geschäftsbeziehung verpflichtet. Auch dem ruhenden Nachlass kommt die Eigenschaft eines Bankkunden zu (OGH 22.03.2001, 4 Ob 36/01z, ÖBA 2001/994; OGH 30.06.2003, 7 Ob 100/03m, ÖBA 2004/1182; OGH 25.03.2010, 5 Ob 30/10p, ÖBA 2011/1708).

Der Antrag der Pflichtteilsberechtigten, Konten des Erblassers, die dem Verlassenschaftsgericht bereits bekannt sind, rückwirkend vom Todestag zu öffnen, ist zulässig, soweit er der Erforschung, ob zum Todeszeitpunkt weitere Vermögenswerte im Besitz des Erblassers standen, dient. Das in § 38 BWG verankerte Bankgeheimnis steht dem nicht entgegen (OGH 18.04.2007, 7 Ob 292/06a, Zak 2007/513 = ecolex 2008/187 = NZ 2008/30).

Auf Antrag eines Pflichtteilsberechtigten trifft den Gerichtskommissär eine einschlägige weitergehende Nachforschungspflicht. Urkunden, wie etwa die Kontoauszüge und die Ein- und Auszahlungsbelege eines Wertpapier-Verrechnungskontos hat der Gerichtskommissär zur Vorbereitung der Entscheidung des Verlassenschaftsgerichts beizuschaffen. Das Verlassenschaftsgericht kann die Bank erforderlichenfalls anweisen, dem Gerichtskommissär diese Auszüge und Belege auszuhändigen. Den Pflichtteilsberechtigten steht es zu, einen Antrag auf Öffnung des Wertpapierdepots und des Verrechnungskontos rückwirkend vom Todestag und bis zum Zeitpunkt der Kontoeröffnung zu stellen (OGH 16.04.2009, 6 Ob 287/08m, JusGuide 2009/26/6697 = ÖBA 2009/1583).

Banken sind dem Erben gegenüber verpflichtet, auch über den Todeszeitpunkt des Erblassers hinaus Auskunft über den Stand von Konten und Wertpapierdepots sowie über Einzelheiten der Geschäftsbeziehung zu geben. Noterben stehen derartige Möglichkeiten (unter Einschaltung des Gerichtskommissärs) nur im Verlassenschaftsverfahren zu (OGH 17.12.2010, 6 Ob 153/10h, EvBl-LS 2011/50 = ÖRPfl 2011 H 1, 22).

Eine „Offenbarung“ des Bankgeheimnisses ist schon begrifflich nur gegenüber Dritten möglich. Die Bank ist ihrem Kunden und seinem Rechtsnachfolger jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten aus der Geschäftsbeziehung vertraglich verpflichtet. Kreditkunden, die glaubhaft machen, dass ihre Unterlagen wegen Verlustes nicht mehr verfügbar sind, hat die Bank im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren erneut Mitteilungen über die betreffenden Kontobewegungen zu machen. Dieser Anspruch auf Bekanntgabe des Vermögens geht auf die Erben als Rechtsnachfolger über, ohne dass diesen das Bankgeheimnis entgegengehalten werden könnte, zumal es sich um keine „Dritten“ handelt (OGH 21.12.2011, 9 Ob 39/11t, EvBl 2012/75).

Es bleibt zu hoffen, dass diese an sich klare Rechtslage endlich auch die letzten Kreditinstitute veranlasst, sich von ihren völlig veralteten Denk- und Verhaltensmustern in der Handhabung von Erbfällen zu verabschieden.

Das würde allen Beteiligten helfen, eine Menge Ärger, Arbeit und Kosten vermeiden, nicht zuletzt aber auch den gesamten Bankensektor vor (zusätzlichen) Imageverlusten bewahren.