Bank haftet für falsche Sparbuchzuordnung!

Immer wieder kommt es in Erbschaftssachen zu Unklarheiten und Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den in der Vergangenheit so beliebten „Losungswort-Sparbüchern“.

Allzu verlockend scheint deren unbefugte Einlösung durch Eingeweihte, die das Versteck rechtzeitig ausgekundschaftet und das Gekritzel auf dem Kuvert richtig entziffert haben.

In einer bemerkenswerten Entscheidung vom 28.01.2020, 4 Ob 209/19t, VbR 2020/85, 146 = ecolex 2020/293, 690, wurde durch den Obersten Gerichtshof nun klargestellt, dass Banken im Zuge von Behebungen weit reichende Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur gegenüber den betreffenden Sparern selbst, sondern auch im Verhältnis zu den „Abhebern“ treffen.

Die Brüder JG und FG mit gleichem Familiennamen hatten aus einer Erbschaft jeweils 35.800 EUR erlangt und legten beide das Ererbte im Jänner 2012 auf Sparbüchern an. FG eröffnete ein einziges Namens Kapitalsparbuch, JG hingegen drei vinkulierte Kleinbetragssparbücher (Einlagen jeweils unter 15.000 EUR) mit Losungswort, wobei deren Konten auf „J“ lauteten.

Durch einen Fehler der Bank erfasste sie in ihrem EDV System FG nicht nur als Inhaber seines eigenen Kapitalsparbuchs, sondern fälschlich auch als Inhaber der drei tatsächlich JG gehörenden Sparbücher. Zudem ordnete die Bank den Kontoeröffnungsanträgen die falschen Ausweiskopien der Brüder zu, obwohl auf den Antragsformularen jeweils die „richtigen“ Kontoinhaber mit ihrem vollen Namen leserlich unterzeichnet hatten.

Im Jänner 2016 behoben die Erstklägerin (Lebensgefährtin seines Sohnes) und die Zweitklägerin (seine Ehefrau) im Auftrag von JG unter Verwendung des ihnen von ihm bekanntgegebenen Losungsworts die Guthaben seiner drei Sparbücher, wobei die Erstklägerin von der Bank mit ihren Ausweisdaten registriert wurde.

Da der Sohn des – zwischenzeitig dementen – FG seinem Vater gehörende Sparbücher nicht auffinden konnte (das Kapitalsparbuch hatte dieser tatsächlich bereits Jahre zuvor aufgelöst), wandte er sich einige Monate später an die nunmehr beklagte Bank, wo man ihm erklärte, dass die angeblich seinem Vater FG (tatsächlich aber dessen Bruder JG) gehörenden drei Sparbücher zwischenzeitig behoben worden seien.

Aufgrund einer Strafanzeige des Sohnes von FG wurde ein Strafverfahren eingeleitet und die Rechtsabteilung der Bank erstattete der ermittelnden Staatsanwaltschaft die Auskunft, dass die Erstklägerin von den drei (angeblich FG gehörenden) Sparkonten Abhebungen vorgenommen habe.

Da sich aber in weiterer Folge herausstellte, dass in Wahrheit die Bank die beiden Brüder verwechselt, deren Dokumente vertauscht und die drei betroffenen Sparkonten unrichtig FG zugeordnet hatte, wurden die Klägerinnen vom gegen sie erhobenen Betrugsvorwurf – auch auf Antrag der Staatsanwaltschaft – schlussendlich freigesprochen. Ihre im Strafverfahren entstandenen Verteidigungskosten machten die beiden daraufhin klagsweise gegen die Bank geltend.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Rechtsansicht der Unterinstanzen, wonach dieser Anspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Die beklagte Bank wäre aus der vertraglichen Beziehung mit JG verpflichtet gewesen, die Guthaben intern der richtigen Person zuzuordnen (und in der Folge auch richtige Auskünfte darüber zu erteilen). Diese Verpflichtung ergebe sich schon aus dem Umstand, dass Einlagen auf Kleinbetragssparbüchern mit Losungswort gerade nicht nur aufgrund des Losungsworts an jede vorlegende Person zur Auszahlung gelangen kann, sondern auch im Erbweg oder dann, wenn die vorlegende Person sonst ihr Verfügungsrecht nachweist.

Eine Vertragsverletzung durch die Bank liege also bereits in der grob fehlerhaften Erfassung der Personenidentität ihrer Vertragspartner und darüber hinaus in der unrichtigen Auskunftserteilung an den Sohn des vermeintlichen Sparers FG.

Das Interesse, nicht fälschlich der unberechtigten Ansichnahme von Vermögen bezichtigt zu werden, sei aber jedenfalls vom Schutzzweck der Identifizierungspflicht umfasst, welche die Bank hier gröblich verletzt habe, sodass sie auch für die Kosten der erfolgreichen Abwehr einer unberechtigten Strafverfolgung der beiden Klägerinnen zu haften habe.






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