Ausschlagung eines Erbes als Geschenk?

Wer ein Erbe ausschlägt verzichtet unwiderruflich auf seinen Anteil am Nachlass (siehe dazu den Blog vom 14.08.2015: „Achtung! Die Ausschlagung einer Erbschaft ist unwiderruflich!“).

Die Gründe dafür sind vielfältig.

Manche wollen mit dem Verstorbenen auch nach dessen Tod einfach nichts (mehr) zu tun haben, andere sehen darin eine Möglichkeit, ihre eigene Vermögensnachfolge in gewisse Bahnen zu lenken, indem sie sich zu Gunsten sonstiger Mit- oder Ersatzerben bewusst zurückziehen, wieder andere handeln aus purem Altruismus oder im Gegenteil aus Bosheit und dergleichen mehr.

Hingegen ist seit dem Inkrafttreten des Erbrechtsänderungsgesetzes 2015 (ErbRÄG 2015), also im Wesentlichen bei Todesfällen nach dem 31.12.2016, die rein taktische Ausschlagung unter dem Vorbehalt des Pflichtteils nicht mehr möglich (siehe dazu den Blog vom 07.08.2015: „Ausschlagung einer Erbschaft unter Vorbehalt des Pflichtteils nur noch bis 31.12.2016 möglich!“).

Eine Ausschlagung stellt gewissermaßen das Gegenstück zur Erbantrittserklärung dar. Deshalb sind auch die gleichen Formvorschriften einzuhalten (eigenhändige Unterfertigung einer schriftlichen Eingabe oder des dazu aufgenommenen Protokolls einer mündlichen Erklärung).

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich mit diesem Schritt das Vermögen des Ausschlagenden üblicherweise reduziert. Seine eigenen Pflichtteilsberechtigten sollten also der Frage nachgehen, ob darin allenfalls eine Schenkung zu sehen ist, die ihre Ansprüche potenziell erhöhen könnte.

In seiner Entscheidung vom 25.04.2018, 2 Ob 52/18p, Zak 2018/435, 234, JBl 2018, 728, EF Z 2018/129, 293, NZ 2018/136, 420, hat der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass die unentgeltliche Ausschlagung einer Erbschaft in Anbetracht der Generalklausel des § 781 Abs 2 Z 6 ABGB in der Fassung des ErbRÄG 2015 ebenso wie bereits nach alter Rechtslage auch im neuen Recht grundsätzlich eine Schenkung darstellt, deren Hinzurechnung von Pflichtteilsberechtigten unter bestimmten Umständen verlangt werden kann.

Es empfiehlt sich daher in Pflichtteilsangelegenheiten, selbst auf den ersten Blick nebensächlich erscheinende historische Begebenheiten auf (verdeckte) Zuwendungen hin zu durchleuchten und entsprechend akribisch zu recherchieren.







Fotonachweis:
Foto und Fotobearbeitung: Sarah Hettegger, © Copyright 2019