Ausschlagung einer Erbschaft unter Vorbehalt des Pflichtteils nur noch bis 31.12.2016 möglich!
Gemäß § 808 Satz 3 ABGB können Personen, denen ein Pflichtteil gebührt, die Erbschaft mit Vorbehalt ihres Pflichtteils ausschlagen.
Das reduziert zwar die Anspruchshöhe auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, kann aber in Einzelfällen dennoch zweckmäßig sein, etwa wenn man den Erblasser nicht leiden konnte und auf keinen Fall sein Gesamtrechtsnachfolger werden möchte oder das in Aussicht stehende Erbe auf unangenehme Weise belastet ist. Ebenso lassen sich mit diesem Kunstgriff Eigentumsrechte am Nachlassvermögen ohne kostspielige Zwischenschritte relativ einfach unmittelbar auf andere Miterben übertragen. Nicht zuletzt bietet er sich vereinzelt aber auch zur gütlichen Beilegung von Erbschaftsauseinandersetzungen an.
Obgleich diese Methode für den Ausschlagenden in rein finanzieller Hinsicht meistens nachteilig ist und deshalb nur in eher seltenen Ausnahmefällen gewählt wird, zählt sie doch gewissermaßen zum üblichen Repertoire der Erbrechtsberatung.
Damit ist allerdings Ende 2016 Schluss!
Das am 07.07.2015 vom österreichischen Nationalrat beschlossene und am 30.07.2015 zu BGBl I 2015/87 kundgemachte Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 (ErbRÄG 2015) sieht nämlich eine radikale Änderung der Rechtslage dahingehend vor, als in Verlassenschaftsverfahren, die nach dem 31.12.2016 anhängig gemacht werden, eine pflichtteilsberechtigte Person die Erbschaft nicht mehr unter dem Vorbehalt ihres Pflichtteils ausschlagen kann (§ 808 Abs 2 ABGB neue Fassung).
Dadurch wird zwar eine von Zeit zu Zeit höchst willkommene Gestaltungsvariante eliminiert, umgekehrt aber auch die in der juristischen Literatur heftig geführte Diskussion darüber beendet, wie die Bestimmung des § 808 Satz 3 ABGB alter Fassung nun eigentlich konkret zu handhaben und auszulegen ist.
Fraglich bleibt beispielsweise, ob ein Noterbe durch Ausschlagung des ihm vom Erblasser zugewendeten, über dem Pflichtteilslimit liegenden Erbteils, dennoch anstelle dessen seinen Pflichtteil in Geld fordern kann. Da es dem Erblasser grundsätzlich frei steht, in welcher Form er den Pflichtteil hinterlässt (§ 774 ABGB) und sich Pflichtteilsberechtigte außerdem alles anrechnen lassen müssen, was sie durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers aus der Verlassenschaft erhalten haben (§ 787 Abs 1 ABGB), wird § 808 Satz 3 ABGB von der herrschenden Lehre so verstanden, dass er lediglich die Option eröffnet, die zugewendete Erbschaft im Ausmaß des Pflichtteils lastenfrei zu übernehmen und den belasteten Teil auszuschlagen. Eine einseitige Umwandlung des gedeckten Vermögenswertes durch den Pflichtteilsberechtigten in einen Geldanspruch soll hingegen nicht möglich sein.
Aus den §§ 774 und 787 ABGB wir überdies abgeleitet, dass sich Noterben eine Ablösung ihres Pflichtteils unter anderem auch durch Zuwendung lediglich eines Vermächtnisses gefallen lassen müssen und in dieser Konstellation ebenso wenig auf einen Geldanspruch optieren können.
All diese und weitere Details gilt es noch geraume Zeit abzuwägen, bevor sich die Gesetzeskommentare, Entscheidungssammlungen und Lehrbücher zur gegebenen Thematik langsam in die zweite Bibliotheksreihe sortieren.