Asche per Post

Alek Popov,
bulgarischer Philologe und Autor mit unverkennbarem Hang zur Skurrilität erzählt in seinem 2007 erschienenen Roman „Chernata kutiya“, mit dem deutschen Titel

Die Hunde fliegen tief“,

von einer merkwürdigen Postsendung aus den USA. Der dort seit 15 Jahren als Mathematik-Gastprofessor lehrende Vater ist plötzlich verstorben. Die Kosten einer Überführung nach Bulgarien kann und will niemand tragen. Die beiden erwachsenen Söhne sehen deshalb in der Kremation und anschließenden Übersendung der Asche per Post den einzig finanzierbaren Ausweg. Als das Paket ankommt, erscheint ihnen zwar die Authentizität des Inhalts zweifelhaft, keineswegs aber der Pietätsgehalt ihrer Vorgehensweise.

Ein in Österreich natürlich völlig undenkbarer Vorgang!

Wirklich?

In Zeiten zunehmender Gleichgültigkeit gegenüber überlieferten Traditionen, religiösen Ritualen und dem immer noch verbreiteten Wunsch (vor allem älterer) Angehöriger nach Abhaltung würdevoller Zeremonien im Ablebensfall, könnte man doch versucht sein, auch den Umgang mit den sterblichen Überresten eines Menschen unter rein ökonomischen Gesichtspunkten zu betrachten.

Weit gefehlt, wer denkt, diese Diskussion sei nicht schon längst auch „bei uns“ im Gange. Vor allem deutsche Medien berichten kritisch und eindrucksvoll über die Kostenvorteile des „Exports“ pflegebedürftiger Menschen in Einrichtungen benachbarter Billiglohnländer, die Vorzüge einer Bestattung in Papiersärgen und die unschlagbar günstigen Tarife osteuropäischer Krematorien.

Alek Popov behauptet, seine Geschichte beruhe „auf einer wahren Begebenheit“.

Ich behaupte, wir sollten uns weniger über die Wertearmut der beiden betroffenen Staaten erheitern, als vielmehr der Frage nachgehen, wie lange es wohl noch dauern mag, bis man auch in unserer Gesellschaft Popovs exzentrischen Humor nicht mehr als solchen sieht.