Achtung! Nach Ehescheidung Bezugsrechte in Lebensversicherungsverträgen anpassen!
Wer wagt schon den Blick zurück in glücklichere Tage, wenn eine Ehe vor dem Abgrund steht, in eine Zeit, als man sich „wie selbstverständlich“ in allen Belangen wechselseitig unterstützen und vor finanziellen Schwierigkeiten bewahren wollte.
Wie gerne hat man seinerzeit die Empfehlung des Versicherungsberaters angenommen und nicht nur eine adäquate Lebensversicherung, sondern für den Ablebensfall „natürlich“ auch den/die jeweils andere/n Partner/in als bezugsberechtigte Person eingesetzt.
Die Vorzüge einer derartigen Regelung wurden bereits im Blog „Wer erbt die Lebensversicherung?“ vom 04.12.2015 beleuchtet.
Später, wenn die Ehe- oder Lebenskrise längst im Gange ist, sind allen Beteiligten zwar die zu erwartenden Versicherungsauszahlungen durchaus präsent, häufig allerdings nicht der sich daraus ergebende Regelungsbedarf.
Zur Vermeidung von Unklarheiten und Streit sollte die betroffene Versicherungsgesellschaft unbedingt zeitnah von den geänderten Verhältnissen verständigt respektive die Bezugsrechtseinräumung entweder widerrufen oder eben auf eine andere Person umgestellt werden.
Darauf zu vergessen oder aus purer Bequemlichkeit einfach auf die Fortsetzung der bisher relativ „versicherungskundenfreundlichen“ Judikatur zu vertrauen, stellt keine empfehlenswerte Alternative dar. Derlei Unsicherheiten gilt es stets zu vermeiden, umso mehr in Bezug auf die eigene Verlassenschaft, zumal die Anpassung der Lebensversicherungspolizze üblicherweise weder mit viel Aufwand, noch mit Kosten verbunden ist.
Zwar hat der Oberste Gerichtshof wiederholt, beispielsweise kürzlich in einer Entscheidung vom 26.09.2018 zu 7 Ob 136/18b, Zak 2018/816, 437 = NZ 2019/16, 55 = ZVers 2019,86, erneut bekräftigt, dass sich die Auszahlungsberechtigung bezogen auf eine Lebensversicherung im Zweifel nach dem Inhalt des Testaments und nicht nach dem davon abweichenden Wortlaut der Versicherungspolizze zu richten hat (siehe dazu Blog „Auszahlung der Lebensversicherung: Testament hat Vorrang gegenüber Begünstigung laut Polizze!“ vom 05.04.2019).
Und obgleich sich derselbe Senat erst jüngst in der Entscheidung vom 16.09.2020 zu 7 Ob 52/20b, Zak 2020/651, 367 = ZVers 2021, 22 (Gruber), neuerlich nicht am Informationsstand der Versicherungsgesellschaft, sondern am Inhalt eines Ehescheidungsvergleichs zur Aufteilung des ehelichen Vermögens orientieren wollte, gilt es dennoch den nachstehenden, in nahezu allen höchstgerichtlichen Erkenntnissen zu dieser Thematik enthaltenen Hinweis zu beachten, dass eben auch die Versicherungsunternehmen vor der Gefahr einer Mehrfachinanspruchnahme gesetzlich geschützt werden.
„§ 166 VersVG soll einerseits dem Versicherungsnehmer die freie Verfügbarkeit bezüglich der Begünstigung einräumen und andererseits den Versicherer davor schützen, dass er, obwohl er bei der Auszahlung der ihm bekanntgegebenen Begünstigung entsprochen hat, von dem ohne seine Kenntnis an die Stelle des bisher Begünstigten gesetzten neuerlich in Anspruch genommen wird.“
Somit erscheint es ratsam, im Zuge einer Ehescheidungsabwicklung oder Auflösung einer Partnerschaft bzw Lebensgemeinschaft stets auch erbrechtliche Konsequenzen im Blick zu behalten, bestehende Versicherungsverträge auf nicht mehr genehme Begünstigungsregelungen hin zu durchforsten und jedenfalls zeitnah auch das betreffende Versicherungsunternehmen zu benachrichtigen.
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