Ab 2016 wird das Elternhaus zur Steuerfalle!
Die Steuerreform 2015 tritt per 01.01.2016 in Kraft.
Im Schatten des Medienrummels um die Einkommensteuertarifanpassung (kalte Progression), existenzgefährdende Belastungen der Hotellerie und anderer Sekkanzen zur Budgetkonsolidierung, blieb die exorbitante Anhebung der Besteuerung von Immobilienübertragungen im Familienkreis weitestgehend unkommentiert.
Sie hat ohne nennenswerte Kritik lediglich zu einem sagenhaften Übergabeboom bis Jahrsende 2015 geführt. Die Folgen dieser fiskalpolitisch provozierten, massenhaft überstürzten Vermögenstransfers werden von so manchen Familien in emotionaler, finanzieller und rechtlicher Hinsicht dereinst noch auszubaden sein.
Erbschaften, Schenkungen oder Übergaben von Liegenschaften sind künftig jedenfalls für all jene unleistbar, die sich nicht rechtzeitig eine gefinkelte Strategie zur Steueroptimierung zurechtgelegt oder ausreichende Liquiditätsreserven angespart haben.
Ab 01.01.2016 wird nämlich die Bemessungsgrundlage für den unentgeltlichen Erwerb von Immobilien vom dreifachen Einheitswert auf den so genannten „Grundstückswert“ angehoben, der im Wesentlichen dem Marktwert einer Immobilie entspricht. Die Berechnung erfolgt nach einem komplizierten Schema oder auf Basis eines Sachverständigengutachtens. Begünstigungen sind nur für Land- und Forstwirte sowie bei gewissen Betriebsübergaben vorgesehen.
Außerdem beträgt der Steuertarif für enge Angehörige fortan nicht mehr einheitlich 2,0%, sondern gestaffelt 0,5% für die ersten € 250.000, 2,0% für die nächsten € 150.000 und € 3,5% darüber hinaus, jeweils bezogen auf den Grundstückswert. Erwerbsvorgänge der letzten fünf Jahre sind dabei zusammen zu rechnen.
Der Unterschied zwischen der Rechtslage bis 31.12.2015 und jener ab 01.01.2016 lässt sich mit Hilfe des Grunderwerbsteuer-Rechners auf der Homepage des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages unter
www.rechtsanwaelte.at/buergerservice/rechtsgebiete/grunderwerbsteuer-neu/
relativ einfach, kostenlos und anonym berechnen.
Neben einer Reihe anderer Steuern, Kosten und Gebühren, die bei Erbschaften, Schenkungen und Übergaben üblicherweise anfallen (siehe dazu den Blog „Death & Taxes“ vom 21.03.2014), gilt es insbesondere auch die grundbücherliche Eintragungsgebühr von 1,1% im Auge zu behalten. Sie ist im Angehörigenkreis (vorerst) weiterhin unverändert vom dreifachen Einheitswert, höchstens aber von 30% des tatsächlichen Werts des einzutragenden Rechts zu bemessen.
Zwei Beispiele, wie sie in der Praxis laufend vorkommen, veranschaulichen eindrucksvoll, welch dramatische Ausmaße die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ab 2016 annehmen kann.
A) In Folge zunehmender Pflegebedürftigkeit der Großeltern ist ein Umzug in eine betreute Wohnanlage unausweichlich. Ihre ca 120 m² große Eigentumswohnung in begehrter Zentrumslage wollen sie deshalb der Enkeltochter zum Abschluss ihrer Berufsausbildung schenken. Der Einheitswert beträgt seit Jahren unverändert € 14.000. Die Nachbarwohnung wurde erst kürzlich zu einem Quadratmeterpreis von rd € 4.000 verkauft.
Ergebnis: Grunderwerbsteuerbelastung: € 7.050 (bis Ende 2015 waren es noch € 840) Grundbücherliche Eintragungsgebühr: € 462
Neben den jeweiligen Umzugsbudgets und sonstigen Transaktionskosten gilt es demnach allein für diese beiden Abgaben einen Betrag von € 7.512 an den Fiskus abzuliefern.
B) Als sich im Jahre 2012 Nachwuchs ankündigte, hat ein Ehepaar dem Sohn und der Schwiegertochter erlaubt, das in den 1980er Jahren errichtete Elternhaus um eine weitere Wohnung auszubauen und im Zuge dessen sukzessive zu renovieren. Es befindet sich zufällig auf einem rd 1.200 m² großen Grundstück in einer neuerdings äußerst gefragten Tourismusregion. Der Einheitswert beträgt aktuell € 25.000. Nach Abschluss der Erweiterungs- und Sanierungsmaßnahmen wurde durch einen Versicherungssachverständigen der Schätzwert des Gebäudes von ursprünglich € 300.000 auf € 550.000 angehoben. In vergleichbaren Lagen werden laufend Grundstückspreise in Höhe von rd € 1.000 je m² und darüber erzielt. Im neuen Jahr soll die Schenkung des gesamten Objektes unter Vorbehalt eines Wohnungsgebrauchsrechts für die Eltern nun endlich auch vertraglich geregelt und grundbücherlich durchgeführt werden.
Ergebnis: Grunderwerbsteuerbelastung: € 51.500 (bis Ende 2015 waren es noch € 1.500) Grundbücherliche Eintragungsgebühr: € 825
Der Finanzminister erhöht demnach das Investment der Jungfamilie um sage und schreibe € 52.325, also um mehr als ein Fünftel (20,93%)! Zusatzkosten, die es zu finanzieren gilt und mit denen bei Baubeginn niemand gerechnet hatte.
Wer nun in Anbetracht dieser exorbitanten Steuererhöhungen an den Verkauf des Elternhauses an Interessenten außerhalb der Familie denkt, sei daran erinnert, dass der Gesetzgeber ab 01.01.2016 vorsorglich auch den Immobilienertragssteuersatz von 25% auf 30% angehoben hat.