Wann liegt „gleichzeitiges Ableben“ vor?

Erbe wird nur, wer den/die Erblasser/in überlebt.

Das ist an sich auch bei gleichzeitigem Ableben nicht der Fall, weshalb der möglichst exakten Feststellung des genauen Todeszeitpunkts besondere Bedeutung beizumessen ist und in letztwilligen Verfügungen üblicherweise auch für diesen eher seltenen Fall Vorsorge getroffen wird.  

Wie eine Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs vom 19.06.2019, IV ZB 30/18, ZErb 9/2019, 240, zeigt, bleibt aber auch eine derartige Anordnung auslegungsbedürftig.

Demnach können von der Formulierung einer Bedenkung im Rahmen eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments für den Fall des „gleichzeitigen Ablebens“ oder „gleichzeitigen Versterbens“ nach dem Wortlaut grundsätzlich auch Fälle erfasst sein, in welchen die Erblasser nur kurze Zeit hintereinander versterben und dem überlebenden Ehegatten hierdurch keine Zeit mehr für die Errichtung eines neuen Testaments verbleibt.

Umgekehrt bedeute dies aber nicht, dass die ausdrücklich für den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute angeordnete Erbeinsetzung auch dann gelten solle, wennsie in einigem zeitlichen Abstand versterben.

Etwas anderes sei ausnahmsweise nur dann denkbar, wenn im Einzelfall besondere Umstände festgestellt würden, die belegten, dass die Ehegatten ihre Anordnung entgegen des Wortsinns so verstanden haben, dass die Erbeinsetzung bei „gleichzeitigem Ableben“ auch für den Fall gelten solle, wenn sie nacheinander versterben und sich hierfür ein Anhaltspunkt im Testament finde.

Wieder einmal zeigt sich, dass in letztwilligen Verfügungen selbst an sich klar erscheinende Begriffe, wie „gleichzeitig“, Interpretationsspielräume eröffnen und deshalb im Sinne des vorzitierten Erkenntnisses unbedingt näher konkretisiert werden sollten.

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