Grabbeigaben im 21. Jahrhundert

Die alten Ägypter haben uns eindrucksvoll vorgemacht, wie man eine Reise ins Jenseits ordentlich in Szene setzen und sich durch exklusive Grabbeigaben Jahrtausende später in die meistbesuchten Museen der Welt manövrieren kann.
Die Sehnsucht nach „Mitnahme“ seiner Reichtümer auf dem letzten Weg hegt der Mensch wohl schon seitdem er sich Bestattungsrituale zugelegt hatte, und dass er sich von dieser Passion jemals wieder lösen könnte, ist nicht wirklich zu erwarten.
Nun herrscht in der zivilisierten Welt zwar im Allgemeinen Konsens darüber, dass man Lebewesen, mögen sie einem auch noch so sehr ans Herz gewachsen sein, heutzutage wirklich nicht mehr mit ins Grab nehmen kann. Bei Gegenständen wird dieser Wunsch allerdings immer wieder geäußert, und zwar nicht nur im Rahmen der Errichtung von Bestattungsverfügungen und Testamenten, sondern vereinzelt auch von Hinterbliebenen, die ihren verstorbenen Angehörigen damit eine letzte Gunstbezeugung erweisen möchten.
Eine Besonderheit stellen dabei die im eigenen Körper Verstorbener enthaltenen Vermögenswerte dar, mit denen sich bereits der Blog vom 31.10.2014, „Wer bekommt das Gold in meinen Zähnen und das Titan in meinen Hüften?“ auseinandergesetzt hat.
Abgesehen von einer Reihe hygiene- und bestattungsrechtlicher Grenzen, gilt es bei Grabbeigaben mit entsprechender Werthaltigkeit natürlich stets auch erbrechtliche Themen im Auge zu behalten. Beispielhaft stelle man sich etwa die pflichtteilsrechtlichen Konsequenzen eines wertvollen Brillantrings als Grabbeigabe vor, der das einzige relevante Vermögen der verstorbenen Person dargestellt hat.
Ein aktueller Beitrag des ZErberus in ZErb 3/2024, „Soll die Goldkette mit ins Grab?“ und eine Entscheidung des OLG Frankfurt vom 19.12.2023, 21 W 120/24, schärfen den Blick auf dieses Thema mit nachstehender Fallkonstellation.
Die Verstorbene hatte mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches Testament errichtet und ihre beiden Söhne sowie ihre Tochter zu Schlusserben zu gleichen Teilen eingesetzt. Im Wege des Vorausvermächtnisses sollte die gemeinsame Tochter ferner den gesamten Schmuck der Erblasserin erhalten. Nach dem Tod ihres Ehemannes ergänzte sie das gemeinschaftliche Testament um die Anordnung einer Testamentsvollstreckung und setzte einen ihrer Söhne zum Testamentsvollstrecker ein.
Dieser Sohn legte die Eheringe seiner Eltern, die von der Mutter nach dem Tod des Vaters an einer goldenen Kette befestigt und fortan ununterbrochen am Körper getragen wurde, mit ins Grab und berief sich darauf, dass die Verstorbene ihn hierum kurz vor ihrem Tod gebeten habe. Die Geschwister des Testamentsvollstreckers hatten zwar der Beigabe der Eheringe in das Grab zugestimmt, ihr Einverständnis zu einer Beigabe weiterer Schmuckgegenstände jedoch verweigert. Sie bewerteten das Verhalten ihres Bruders als grobe Pflichtverletzung und beantragten daher dessen Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers.
Das Nachlassgericht wies den Antrag nach durchgeführter Beweisaufnahme zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Geschwister hatte vor dem OLG Frankfurt keinen Erfolg.
Die Geschwister des Testamentsvollstreckers konnten schlussendlich den Nachweis nicht erbringen, dass die Beigabe der Eheringe und der Kette nicht dem Wunsch der Verstorbenen entsprochen hätte. Ungeachtet ihrer testamentarischen Regelungen blieb es ihr zu Lebzeiten unbenommen, dem Testamentsvollstrecker einen Auftrag zu erteilen, hier konkret eben die Goldkette nebst den Eheringen nach ihrem Tod als Grabbeigabe zu verwenden. Dieser Wunsch der Verstorbenen war nach Auffassung des OLG Frankfurt als wirksamer Auftrag an den Testamentsvollstrecker zu werten, der allenfalls durch alle drei Erben gemeinsam hätte widerrufen werden können, was im Gegenstand jedoch nicht geschehen sei. Einem ihm in dieser Weise erteilten Auftrag habe der Testamentsvollstrecker nachkommen dürfen, ohne dass dies als objektiv pflichtwidriger Verstoß gegen seine Pflichten als Testamentsvollstrecker gewertet werden könne. Er durfte jedenfalls schon nach den Grundsätzen einer rechtfertigenden Pflichtenkollision dem ihm erteilten Auftrag der Verstorbenen den Vorrang gegenüber seinen Pflichten als Testamentsvollstrecker einräumen. Zudem wäre selbst die ihm unterstellte Pflichtverletzung als nicht schwerwiegend zu werten, sodass seine Entlassung auch aus diesem Grunde nicht zu rechtfertigen gewesen wäre.
Für die österreichischen Leser*innen sei angemerkt, dass sich die Rechtslage zwischen Österreich und Deutschland speziell im Hinblick auf die Stellung von Testamentsvollstreckern deutlich unterscheidet.
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