Wer bekommt eine kostenlose Krankengeschichte?

Wiederholt haben sowohl der OGH als auch der EuGH ausgesprochen, dass jeder Patient das Recht auf eine kostenlose Erstkopie seiner Krankengeschichte hat (EuGH C-307/22, Zak 2023/604, 343, OGH 6 Ob 138/20t, Zak 2021/72, 43, OGH 6 Ob 233/23t, Zak 2024/596, 337).

Das folge aus der DSGVO und wegen des Vorrangs des Unionsrechts seien gegenteilig formulierte innerösterreichische Bestimmungen, etwa nach § 17a Abs 2 lit g Wr KAG, unbeachtlich.

Das Recht auf einmalige Abrufung einer Kopie der Krankengeschichte ohne Kostenbelastung könne auch zum Zwecke der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Arzt oder gegen die Krankenanstalt wahrgenommen werden. Der Schutz der Rechte des Arztes sei hier nicht vorrangig zu berücksichtigen.

In Verlassenschaftsverfahren und Erbrechtsauseinandersetzungen stellt sich zunächst stets die viel bedeutsamere und meistens heftig umstrittene Frage, wer zur Einholung der Krankengeschichte Verstorbener überhaupt berufen bzw legitimiert sein könnte.

Vor dem Hintergrund der eingangs zitierten Rechtsprechung ist sie nun um eine Facette reicher, nämlich wer in den Genuss der kostenlosen Erstkopie kommen kann.

Die Diskussion auch darüber ist eröffnet!



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