Trauerschmerzengeld bei Tod eines Tieres?

Anders als es in US-amerikanischen Gerichtsdramen allgegenwärtig scheint, sind dem Ersatz von verursachten Schäden durchaus Grenzen gesetzt. So beispielsweise beim Ersatz von Schockschäden im Zusammenhang mit Haustieren (wir berichteten). Im November letzten Jahres hat der Oberste Gerichtshof nunmehr auch zur Frage Stellung bezogen, ob ein finanzieller Ausgleich des Trauerschmerzes für den Verlust des geliebten Haustieres erfolgt.

Der Ersatz von immateriellen oder ideellen Schäden gestaltete sich im österreichischen Recht von jeher als schwierig und galt grundsätzlich als nicht ersatzfähig. Seit Anfang der 2000er Jahre wird vom Obersten Gerichtshof ein Trauerschmerzengeld für den Verlust naher Angehöriger bejaht. Auslöser war ein Verkehrsunfall, bei dem die achtjährige Tochter der dortigen Kläger von einem LKW erfasst und getötet wurde.

Der lobenswerte Versuch, einen Zuspruch von Trauerschmerzengeld bei Tieren zu erwirken, begann mit einer Klage vor dem Bezirksgericht Urfahr. Die dortigen Kläger führten ihren Familienhund angeschnallt im Fahrzeug mit, als sie Opfer eines Verkehrsunfalls wurden. Ihr Haustier sprang, nachdem es abgeschnallt wurde, aus dem Fahrzeug, lief davon, erlag in weiterer Folge seinen Verletzungen und wurde sodann leblos am Straßenrand aufgefunden.

Nachdem die Klage vom Bezirksgericht Urfahr und in der Folge vom Landesgericht Linz als Berufungsgericht unerbittlich abgeschmettert wurde, hat sich der Oberste Gerichtshof als höchste Instanz in seiner Entscheidung zu GZ 2 Ob 142/20a vom 27.11.2020 en detail mit der zuvor noch nicht höchstrichterlich geklärten Frage auseinandergesetzt, ob – wie auch beim Verlust naher Angehöriger – ein Trauerschaden zuerkannt werden soll, wenn der vergötterte Familienhund, der wie ein Kind gepflegt und täglich angezogen wurde, mit welchem alle besonderen Ereignisse gefeiert wurden und dem spezielle Hundehotels, Hundesalons, Hundemoden, veganes Hundefutter und Hundewellness zuteil wurden, durch das Verschulden eines anderen zu Tode kommt.

Die österreichische Lehre ist zu dieser Frage nicht mehr ganz einheitlich: Kein Ersatz einerseits (wobei hier regelmäßig nur die Frage des Schockschadens behandelt wird) bis hin zur möglichen Begründung einer Haftung, wenn zum Tier eine starke emotionale Bindung bestanden hat. So bspw Hinteregger (in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1325 Rz 50): Die Höhe des Ersatzes müsse zwar deutlich unter den Beträgen bleiben, die bei Tötung eines Menschen zugesprochen werden, angesichts der hohen emotionalen Bindung, die bestimmte Haustiere heute für viele Menschen haben, wäre ein Zuspruch von immateriellem Schadenersatz aber durchaus gerechtfertigt.

Nach Abwägung der Rechtslage hält der Oberste Gerichtshof – aus Sicht von Haustierbesitzern wohl nur schwer verständlich – fest:

Nach Ansicht des Senates kann die bloße Trauer um ein Haustier von vornherein keinen Schmerzengeldanspruch begründen“. „Bei Verlust eines Tieres liegt aber bei objektiver Betrachtung eine dem Verlust eines Menschen gleichkommende Trauer so fern, dass eine klare Grenzziehung erforderlich ist“. „Trauerschmerzengeld kommt daher bei Verlust eines Tieres nur nach Maßgabe von § 1331 ABGB (Anmerkung: „(…) durch ein Strafgesetz verbothenen (sic) Handlung oder aus Muthwillen (sic) und Schadenfreude (…)) in Betracht. Das träfe etwa bei Tierquälerei iSv § 222 StGB zu“.

Begründet wurde die Entscheidung mit dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der bei Schaffung der Regelung über die Heilkostenersatzpflicht bei Verletzung eines Tieres davon ausgegangen sei, dass ideelle Schäden aufgrund des Verlusts eines Tieres nur bei Vorsatz zu ersetzen sind. Es gäbe daher keine Regelungslücke, die die Rechtsprechung per analogiam füllen könne. Eine Zuerkennung von Trauerschmerzengeld erfolgt deshalb nicht.

Der Entscheidung des Höchstgerichts ist bedauerlicherweise aus streng juristischer Sicht zuzustimmen, für Halter von Haustieren aber wohl nur schwer zu verarbeiten. Der Ball liegt nunmehr beim Gesetzgeber. Möglicherweise erfolgt in diesem Bereich ebenso eine Änderung wie bereits im Jahre 1988, als der Heilkostenersatz für Tiere in § 1332a ABGB eingeführt wurde, soweit ein verständiger Tierhalter diese Kosten aufgewendet hätte. Auch aus Sachgerechtigkeitsgründen scheint es derzeit wenig erquicklich, dass die finanzielle Ersatzpflicht des Schädigers im Falle einer Verletzung des Haustieres idR höher ausfallen dürfte als im Ablebensfalle.


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